Vatikanum II über den Gehorsam der Priester  

„Presbyterorum Ordinis“, das Konzilsdekret über Leben und Dienst der Priester, Artikel 15. Einführung und Text
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 2. April 2016 um 11:51 Uhr
Vaticanum II, Konzilsväter

Einleitung von Gero P. Weishaupt:

Gehorsam, Ehelosigkeit (Zölibat) und Armut sind die sogenannten drei Evangelischen Räte. Das Konzilsdekret Presbyterorum Ordinis widmet sich ihnen in den Artikel 15 bis 17 und versteht sie als besondere Erfordernisse für das Leben der Priester gemäß den Normen des Evangeliums, genauer gemäß der Lebensweise Jesu selber.

Gehorsam gegenüber Gott

Die Darlegungen des Konzils über die Evangelischen Räte im Leben des in der Welt wirkenden Priesters beginnen in Artikel 15 mit dem priesterlichen Gehorsam. Dabei geht es im Zusammenhang mit der spezifischen Sendung des Priesters um dessen Gehorsam gegenüber Gott, dessen Gesandter er ist. Denn das Werk, zu dem der Priester gesandt ist, „übersteigt alle menschliche Kraft und menschliche Weisheit“.

Gehorsam gegenüber den von Gott beauftragten Autoritätsträgern

Im zweiten Abschinitt wird der Gehorsam des Priesters gegenüber denjenigen genannt, deren Autorität und Leitungsgewalt in der Kirche sich von Gott herleitet und in dessen Auftrag sie stehen. Gemeint sind für die Universalkirche der Papst und dessen Leitungsorgane (der Apostolische Stuhl bzw. die römischen Dikasterien) und für die jeweilige Partikularkirche (Teilkirche) der Bischof zusammen mit jenen, die in Stellvertretung die bischöfliche Vollmacht in Verwaltung (Ordinariat) und Rechtsprechung, also als Diözesankurie, ausüben. Den Gehorsam gegenüber den kirchlichen Autoritäten begründen die Konzilsväter mit dem kirchlichen Charakter des priesterlichen Dienstes: „Die Hirtenliebe drängt also die Priester dazu, in dieser Gmeinschaft (der Kirche) zu handeln und darum den eigenen Willen gehorsam in den Dienst für Gott und die Brüder zu stellen, indem sie gläubigen Geistes annehmen und ausführen, was der Papst und der eigene Bischof sowie andere Vorgesetzte vorschreiben oder nahelegen; gerne geben sie alles hin und sich selbst dazu, in jeglichem Dienst, der ihnen anvertraut wird, sei er auch gering und ärmlich. Auf diese Weise bewahren und stärken sie die notwendige Einheit mit ihren Mitbrüdern im Amt, vor allem aber mit denjenigen, die der Herr zu sichtbaren Leitern seiner Kirche bestellt hat, und tragen so zum Aufbau des Leibes Christi bei, der ‚durch jedes Band der Hilfeleistung‘ wächst. Solcher Gehorsam führt zu einer reiferen Freiheit der Kinder Gottes“ (PO 15).

Verantwortung der kirchlichen Autoritätsträger

Dem Gehorsam der Priester auf der einen Seite steht freilich die Verantwortung der kirchlichen Autoritätsträger auf der anderen Seite gegenüber, die ihr Amt als Dienst an der Kirche und am Heil der Menschen, das das höchste Gesetz der Kirche ist, verstehen und ausüben. Darum werden Papst und Bischöfe sowie die ihnen zugeordneten Leitungsorgane ihre Autorität und Leitungsfunktion so wahrnehmen, dass sie Gottes Absicht dienen. Nur so kann auch die kirchenrechtliche Verpflichtung, dass Kleriker „in besonderer Weise“ „dem Papst und ihrem Ordinarius Ehrfurcht und Gehorsam zu erweisen“ haben, verstanden werden (can. 273 CIC/1983). Es geht um einen „kanonischen“ Gehorsam, also um einen, Gehorsam, der in den Vorgaben, Vorschriften und Empfehlungen der kirchlichen Autoritätsträger die Absicht Gottes für seine Kirche erkennt und anerkennt.

Das Beispiel Christi

Im Gehorsam gegenüber Gott und seinen von ihm angewiesenen und berufenen Autoritätsträgern „machen sich die Priester Christus gleichformig“: „Presbyteri sese Christo conformant“, so die Konzilsväter im Originalton. Durch ihre Demut und ihren Gehorsam verbinden sich die Priester mit Christus, der gerade durch seinen Gehorsam „bis zum Tod am Kreuz“ (Phil 2, 7-8; PO 15) den Ungehorsam, der die Wurzel der Sünde ist, gebrochen und dadurch die Menschen erlöst hat.

Presbyterorum Ordinis Artikel 15. Deutscher und lateinischer Text

Zu den Tugenden, die für den Dienst der Priester besonders erfordert sind, muß man als ständige Seelenhaltung die innere Bereitschaft zählen, nicht den eigenen Willen zu suchen, sondern den Willen dessen, der sie gesandt hat. Das göttliche Werk nämlich, zu dessen Durchführung der Heilige Geist sie berufen hat, übersteigt alle menschlichen Kräfte und menschliche Weisheit; denn „was der Welt schwach erscheint, hat Gott auserwählt, das Starke zu beschämen“ (1 Kor 1,27). Im Bewußtsein der eigenen Schwäche tut darum der wahre Diener Christi seine Arbeit demütig; er prüft, was Gott wohlgefällig ist, und läßt sich, gleichsam durch den Geist gebunden, in allem vom Willen dessen führen, der aller Menschen Heil will; diesen Willen kann er in den konkreten Umständen des täglichen Lebens entdecken und erfüllen, indem er allen Menschen demütig dient, die ihm in seinem Amt und in den vielfältigen Ereignissen seines Lebens von Gott anvertraut sind.

Weil jedoch der priesterliche Dienst ein Dienst der Kirche ist, kann er nur in der hierarchischen Gemeinschaft des ganzen Leibes ausgeübt werden. Die Hirtenliebe drängt also die Priester dazu, in dieser Gemeinschaft zu handeln und darum den eigenen Willen gehorsam in den Dienst für Gott und die Brüder zu stellen, indem sie gläubigen Geistes annehmen und ausführen, was der Papst und der eigene Bischof sowie andere Vorgesetzte vorschreiben oder nahelegen; gern geben sie alles hin und sich selbst dazu, in jeglichem Dienst, der ihnen anvertraut wird, sei er auch gering und ärmlich. Auf diese Weise bewahren und stärken sie die notwendige Einheit mit ihren Mitbrüdern im Amt, vor allem aber mit denjenigen, die der Herr zu sichtbaren Leitern seiner Kirche bestellt hat, und tragen so zum Aufbau des Leibes Christi bei, der „durch jedes Band der Hilfeleistung“ wächst. Solcher Gehorsam führt zu einer reiferen Freiheit der Kinder Gottes. Er erfordert aus seinem Wesen heraus, daß die Priester, wenn sie bei der Ausübung ihres Amtes in kluger Weise aus Liebe neue Wege zum größeren Wohl der Kirche suchen, diese ihre Vorhaben vertrauensvoll vorbringen und die besondere Lage ihrer Herde eindringlich darlegen, immer bereit, sich dem Urteil derer zu unterstellen, die ein führendes Amt in der Leitung der Kirche Gottes ausüben.

Durch diese Demut und diesen verantwortungsbewußten und freien Gehorsam machen sich die Priester Christus gleichförmig. Sie hegen die gleiche Gesinnung wie Christus Jesus in sich, der „sich selbst entäußert hat, indem er Knechtsgestalt annahm, gehorsam geworden bis zum Tod “ (Phil 2,7-8), und der durch diesen Gehorsam den Ungehorsam Adams besiegt und wiedergutgemacht hat, wie der Apostel bezeugt: „Durch den Ungehorsam des einen Menschen sind die vielen zu Sündern gemacht worden; so werden auch durch den Gehorsam des Einen die vielen zu Gerechten gemacht werden“ (Röm 5,19).

Sanctitatem propria ratione consequentur Presbyteri munera sua sincere et indefesse in Spiritu Christi exercentes.

Verbi Dei ministri cum sint, cotidie legunt et audiunt Dei verbum quod alios docere debent; quod si simul in seipsos recipere satagant, perfectiores in dies fient Domini discipuli, iuxta verba Pauli Apostoli ad Timotheum: «Haec meditare, in his esto: ut profectus tuus manifestus sit omnibus. Attende tibi et doctrinae: insta in illis. Hoc enim faciens et teipsum salvum facies et eos, qui te audiunt» ( I Tim. 4,15-16). Quaerentes enim quomodo aptius contemplata aliis tradere possint, profundius sapient «investigabiles divitias Christi» (Eph. 3,8) et multiformem sapientiam Dei. Prae oculis habentes Dominum esse qui corda aperit et sublimitatem non ex ipsis sed e Dei virtute provenire, in ipso actu verbi tradendi intimius cum Christo Magistro coniungentur Eiusque Spiritu ducentur. Ita communicantes cum Christo, Dei participant caritatem, cuius mysterium, a saeculis absconditum, in Christo revelatum est.

Ut Sacrorum ministri, praesertim in Sacrificio Missae, Presbyteri personam specialiter gerunt Christi, qui seipsum ad sanctificandos homines victimam dedit; ideoque invitantur ut quod tractant imitentur, quatenus mortis Dominicae mysterium celebrantes, membra sua a vitiis et concupiscentiis mortificare procurent. In mysterio Sacrificii Eucharistici, in quo munus suum praecipuum sacerdotes adimplent, opus nostrae redemptionis continuo exercetur, et ideo enixe commendatur eius celebratio cotidiana, quae quidem etiam si praesentia fidelium haberi non possit, actus est Christi et Ecclesiae. Ita, dum Presbyteri cum actu Christi Sacerdotis se coniungunt, cotidie se totos Deo offerunt, et, dum Corpore Christi nutriuntur, ex corde participant Eius caritatem qui se in cibum dat fidelibus. Similiter in Sacramentis administrandis cum intentione et caritate Christi uniuntur; quod speciali ratione efficiunt, cum Sacramenti Poenitentiae fungendo muneri omnino semperque paratos se ostendant quotiescumque id a fidelibus rationabiliter petitur. In Officio Divino recitando, vocem praebent Ecclesiae, quae in oratione, nomine totius generis humani, perseverat, una cum Christo, qui est «semper vivens ad interpellandum pro nobis» (Hebr. 7,25).

Populum Dei regentes et pascentes, caritate Boni Pastoris incitantur ut animam suam dent pro ovibus suis, parati quoque ad supremum sacrificium, exemplum sequentes sacerdotum qui etiam hodiernis temporibus vitam suam ponere non renuerunt; educatores in fide cum sint, et ipsi habentes «fiduciam in introitu sanctorum in sanguine Christi» (Hebr. 10,19) ad Deum accedunt «cum vero corde in plenitudine fidei» (Hebr. 10,22); spem erigunt firmam pro fidelibus suis, ut possint consolari eos qui in omni pressura sunt, per exhortationem qua et ipsos Deus exhortatur; communitatis rectores ascesim pastoris animarum propriam colunt, propriis commodis renuntiantes, non quod sibi utile est quaerentes sed quod multis, ut salvi fiant, semper ulterius progredientes ad opus pastorale perfectius complendum et, ubi opus sit, ad  novas vias pastorales ingrediendas parati, sub ductu Spiritus amoris, qui ubi vult spirat.

Foto: Vaticanum II, Konzilsväter – Bildquelle: Lothar Wolleh / Wikipedia

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