Theozentrik der Liturgie als wichtiger Beitrag zur Neuevangelisierung

Papst Franziskus: „Aus dem reichen Schatz der Tradition Nutzen ziehen."
Erstellt von kathnews-Redaktion am 30. Mai 2013 um 20:35 Uhr

Von Markus Bauer: Eine der wohl sichtbarsten Errungenschaften des Pontifikates von Benedikt XVI. war und ist die liturgische Erneuerung. Diese erzeugte in der Weltkirche nicht nur Freude und Dankbarkeit, sondern auch – gerade bei nicht wenigen Kirchenmännern – viel Kritik und Ablehnung. Unmittelbar nach dem ersten Auftreten von Papst Franziskus auf der Benediktionsloggia des Petersdoms kam wohl bei besagten Kritikern die Hoffnung auf, diese Erneuerung nun nicht nur heimlich, sondern auch auf offizieller Ebene zum Stoppen zu bringen. Doch überraschte sie Papst Franziskus mit einer Antwort, die sie wohl ausgerechnet von ihm, dem so einfach und bescheiden daherkommenden Papst nicht erwartet hätten: er bestätigte Benedikts Motu proprio „Summorum pontificum“, das der sog. Alten Messe in der Kirche wieder ihren erhabenen Platz sicherte und welches die nun beiden Formen des einen römischen Ritus wieder versöhnen sollte, indem sie voneinander lernen und sich gegenseitig bereichern, wenngleich wohl die Neue mehr von der Alten Messe lernen kann, aber das ist meine persönliche Ansicht. Franziskus forderte die Gegner vielmehr auf, aus dem reichen Schatz der Tradition Nutzen für die Gegenwart zu ziehen und diesen in der Kirche sein Recht zu gewähren. Liturgische Schlichtheit und Tradition schließen sich eben entgegen weitläufiger Meinung nicht aus.

Papst Franziskus lernt vom päpstlichen Zeremonienmeister Guido Marini

Eine nicht unbedeutende Rolle in diesem liturgischen „Streit“ spielt auch der päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini, der auf Benedikts Wunsch 2007 Genua verließ und seither die päpstlichen Liturgien vorbereitet. Marini kann als Architekt der liturgischen Erneuerung angesehen werden. Nicht wenige fürchteten, andere wieder wünschten sich, dass Papst Franziskus Marini wieder zurück nach Genua schickt, ist der neue Zeremonienmeister doch von „traditionalistischer Prägung“, wie Marini von seinen Gegnern bezeichnet wird. Doch auch hier bewies Franziskus, dass er nichts auf das von ihm so oft getadelte Geschwätz von Leuten gibt, sondern ließ ihn im Amt, damit er von Marinis traditioneller Formung Nutzen ziehen könne und dieser wiederum von Franziskus´ eher modernerer Prägung. Betrachtet man das Verhältnis zwischen beiden, so kommt man durchaus zu dem Schluss, dass beide bereits voneinander gelernt haben, auch wenn wohl nicht wenige zu Beginn des neuen Pontifikates glaubten, dass beide so gar nicht zueinander passen.

Vatikanum II und die Liturgiereform

Doch was hat es nun mit dieser liturgischen Erneuerung auf sich, die so viel Wind erzeugt(e)? Wie wir alle wissen, kam es unmittelbar nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zu einer tiefgreifenden Liturgiereform. Seit 1970 feiert die Mehrheit der Katholiken die Messe nach der erneuerten Form, die nun die „ordentliche Form“ des römischen Ritus genannt wird. Bereits auf dem Konzil selbst wurde erstmals eine Konstitution über das Wesen der Liturgie verfasst. Ziel war es, die Liturgie von allen unnötigen Riten zu befreien, um das Wesentliche wieder zum Vorschein zu bringen. Soweit, so gut. Doch nutzten viele Modernisten der damaligen Zeit die Reformbereitschaft der Kirche, die bisher für viele Katholiken so heilige Liturgie nach ihren Wünschen zu gestalten und sie vollends zu entsakralisieren. Man mag zur Liturgiereform stehen, wie man will. Sie mag durchaus diskutable Schwächen haben, die auch dem damaligen Erneuerungsgeist (man denke nur an die 68er-Bewegung) entsprungen sein können, doch was in den 40 Jahren danach in nicht wenigen Pfarreien liturgisch passierte, kann sich mitnichten auf das Konzil berufen, auch wenn diese liturgischen Entgleisungen zumeist damit begründet werden. Ja, das Konzil wollte eine Reform der Liturgie, die die Gläubigen nicht nur als passive Rosenkranzbeter, sondern als geistig Anwesende und Mitwirkende wieder mit in das heiligen Geschehen der Liturgie, besonders natürlich der Hl. Messe, hineinnahm.

Behutsame liturgische Erneuerung durch Benedikt XVI.

Doch wir können die Liturgiekonstitution so oft lesen wie wir wollen, sämtliche zweifelhafte und nachfolgende aufgelistete „Errungenschaften“ lassen sich dort nirgends finden: Verbannung des Tabernakels in Seitennischen der Kirche, Entfernung der Hochaltäre, Verweigerung der Mundkommunion, Entfernung sämtlicher lateinischer Gebete und Gesänge, Ringeltanz um den Volksaltar etc. Da aufgrund dieser Umstände die heilige und bisher immer auf Gott ausgerichtete Liturgie immer mehr zu einer bloßen Menschenversammlung, die sich eher selbst als Gott feierte, verkam, war es der damalige Kardinal Ratzinger, der diese verheerende Entwicklung bereits sehr früh erkannte und anklagte. Diese mag auch ein Grund dafür gewesen sein, warum sich die Kirchen nach dem Konzil immer schneller lehrten und weshalb Kirchenneubauten heute bisweilen nur schwer als solche identifiziert werden können…Nach seiner Wahl zum Stellvertreter Christi nahm er das „Projekt“ der liturgischen Erneuerung bald in Angriff, wenngleich es für seine Demut spricht, den alten päpstlichen Zeremonienmeister Piero Marini, der für diese Erneuerung wohl wenig beitragen hätte können, da er liturgisch eher zur Kreativität neigt, nicht sofort zu entlassen, sondern seinen Dienst Ende September 2007 einfach auslaufen zu lassen, um dann mit Guido Marini endgültig „durchzustarten“. Diese liturgische Erneuerung erfolgte jedoch ganz behutsam und in kleinen Schritten, weil auch Benedikt wusste, wie sensibel dieses Thema ist und wie viele Feinde er sich dadurch machte, wird doch seltsamerweise die Feier der Liturgie gerne als Ideologie missbraucht, um fromme Menschen als vorkonziliar zu denunzieren. Aber wer regelmäßig die Papstmessen verfolgte, konnte nach und nach diese Politik der kleinen Schritte erkennen: so wurden auf den Altar wieder ein sichtbares Altarkreuz samt sechs symmetrisch angeordneter Kerzenleuchter aufgestellt, um gemeinsam mit den Gläubigen auf Christus zu schauen und den Blick durch die zum Himmel ragenden Kerzen zu selbigem zu richten.

Abkehr von der Anthropozentrik und RĂĽckkehr zur Theozentrik in der Liturgie

Das nach dem Konzil in vielen Gemeinden verpönte Latein wurde wieder vermehrt als Liturgiesprache verwendet, wenigstens beim Hochgebet, um das besondere Mysterium der Messe auszudrücken. Ferner erging an alle Kommunionspender im Petersdom die Anweisung, den Gläubigen nur noch die Mundkommunion zu spenden, um die Ehrfurcht vor der Realpräsenz Christi wieder neu zu erwecken und auch klar zu zeigen, dass die Handkommunion eigentlich nur ein Zugeständnis war und die Mundkommunion immer noch die ordentliche Form der Kommunionspendung ist. Papst Benedikt selbst spendete ausgewählten Gläubigen nur noch die kniende Mundkommunion. Viel Kritik riefen auch die alten barocken Messgewänder hervor, die Marini aus der päpstlichen Sakristei wieder hervorholte und die Benedikt bereitwillig anzog, um die Kontinuität der erneuerten Liturgie mit der Liturgie aller Zeiten herzustellen. Somit nahm er sämtlichen „Bruch-Hermeneutikern“ den Wind aus den Segeln. Durch diese liturgische Erneuerung sollte der Primat Gottes in der Liturgie wieder in den Mittelpunkt rücken und einseitig anthropozentrische Entwicklungen zurückgedrängt werden. Liturgie ist Handeln Gottes an uns, nicht eine menschliche Zusammenkunft von Freunden, die halt ein bisschen beten. Nachkonziliare Fehlentwicklungen versuchte Benedikt so zu korrigieren, auch indem er – wie oben bereits erwähnt – das Messbuch von Johannes XXIII. wieder auf die gleiche Stufe wie das von Paul VI. stellte und ersteres somit endgültig aus dem Ghetto holte. Seitdem hat sich nicht nur in Rom viel getan, wenngleich liturgische Missbräuche weltweit auch weiterhin leider an der Tagesordnung stehen, aber die Mühlen Gottes mahlen bekanntlich langsam, aber trefflich fein. Viele Anhänger dieser liturgischen Erneuerung fürchteten, dass diese nun unter Papst Franziskus rückgängig gemacht werde könnte, da er kein ausgewiesener Liturgieexperte ist und er scheinbar andere Akzente betont. Auch wenn Franziskus liturgische Details und Feinheiten nicht so wichtig sind wie sie es einem Benedikt waren, so hat er mit seinen oben genannten Aussagen der liturgischen Tradition wie sein Vorgänger seine Wertschätzung ausgesprochen, weil auch er weiß, dass diese – sofern sie nicht zum Selbstzweck verkommt – einen wichtigen Beitrag zur Neuevangelisierung leisten kann, die doch auch Franziskus so sehr am Herzen liegt. Und deswegen hat er den „rüschchenverliebten“ Guido Marini, wie man ihn böswillig nannte, eben nicht entlassen, sondern erhofft sich von ihm eine gewisse traditionelle Formung in der Liturgie, wenngleich Franziskus diesbzgl. wohl nie ein Benedikt werden wird, aber das muss er auch gar nicht, solange er die Liturgie würdig und auf Gott ausgerichtet feiert.

Markus Bauer ist Autor bei „Pro Papa News“, dem Newsletter von Deutschland pro Papa.
Textquelle: Homepage „Pro Papa News“.

Foto: Papst Franziskus – Bildquelle: Andreas Gehrmann

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