Orthodoxe Kirche springt bei Sozialleistungen ein
Kreta (kathnews/RV). Angesichts der Krise im Land muss die orthodoxe Kirche vor allem bei grundlegenden Sozialleistungen fĂŒr den Staat einspringen. Dabei könne und wolle sie allerdings staatliche Strukturen nicht ersetzen. Das ist die EinschĂ€tzung des Direktors der Orthodoxen Akademie von Kreta (OAK), Metropolit Amphilochios. Er Ă€uĂerte sich bei einem Treffen des Metropoliten von Austria, Arsenios Kardamakis, mit Journalisten. âDer Lebensweg vieler Griechen in den letzten Jahrzehnten, der leichte Weg zum schnellen Gewinn ohne Opfer, hat die Blase hin zur Krise anwachsen lassenâ, so Amphilochios. Deshalb mĂŒsse Griechenland selbstkritisch auf die hausgemachten Fehler der Vergangenheit reflektieren und aus diesen lernen: âEs wurde oft die falsche Politik gemacht, die eine falsche MentalitĂ€t, nĂ€mlich auf Dauer mehr ausgeben als einnehmen zu können, befördert hatâ, kritisierte der orthodoxe Metropolit von der Diözese Kolymbari-Chania, die mit 25.000 GlĂ€ubigen die gröĂte des Landes ist.
An der Krise Griechenlands sei aber auch der Rest Europas nicht schuldlos: âWarum haben Geldgeber die griechische Politik so lange und so groĂzĂŒgig finanziert, obwohl sie genau wussten, dass sie nicht in Ordnung war? Warum werden den Griechen SanierungsmaĂnahmen mit einer derartigen RadikalitĂ€t aufoktroyiert, dass ein soziales AugenmaĂ und die Gewinnung von Akzeptanz und Einsicht der Betroffenen naturgemÀà scheitern muss?â, so die Anfrage des orthodoxen Bischofs an Europa. âJene, die heute aus einer AuĂenperspektive abwertend ĂŒber Griechenland sprechen und sich nie die MĂŒhe machten, der Not vieler einzelner, konkreter Menschen ins Auge zu sehen, haben zugleich die wahren Fundamente Europas – seine Kultur und Zivilisation, seine Geschichte und Religion – vergessen, die hier ihre Wurzeln habenâ, hob Metropolit Amphilochios ins Bewusstsein.
Die Rolle der Kirche im Angesicht der Krise mĂŒsse eine zweifache sein: Einerseits gehe es um das âBewusstmachen der tieferen Probleme, weil die wirtschaftliche Misere nicht Ursache, sondern Folgeerscheinung der EinbrĂŒche und Verarmung der geistigen, spirituellen Dimension des Menschenâ seien. Der Kirche komme hier eine Ermutigungs- und Appellfunktion zu: âDie Umkehr, Ănderung der Lebenshaltung und des Lebensstils jedes einzelnen ist Voraussetzung fĂŒr die gesellschaftliche und ökonomische VerĂ€nderung und Besserung, nicht umgekehrtâ, zeigte sich der Metropolit ĂŒberzeugt.
Tausende auf karitative Speisung angewiesen
Andererseits mĂŒsse die Kirche der konkreten Not im konkreten Handeln begegnen. âWir verteilen tagtĂ€glich an tausende Menschen Essen, helfen mit medizinischer Versorgung, mit Sozialeinrichtungen vom Waisenhaus fĂŒr Kinder bis zum Altenheim und organisieren SolidaritĂ€tsgruppen, damit Menschen lernen, untereinander solidarisch zu handeln und sich wechselseitig zu helfenâ. Tausende wĂŒrden tĂ€glich Schlange stehen, um einen Teller Suppe zu bekommen. âIst deren Ărger ĂŒber die diktierte Streichung von Sozialleistungen der öffentlichen Hand nicht mehr als verstĂ€ndlich?â, so die rhetorische Frage des Metropoliten. Und er nennt ganz konkrete Zahlen: Von den 25.000 Menschen in seiner Diözese sind 1.500 Personen auf karitative Speisungen durch die Kirche angewiesen. Die Kirche hilft alleine in diesem Gebiet mit 100 HeimplĂ€tzen fĂŒr Personen, die in allen Lebensbelangen hilfsbedĂŒrftig sind. 350 Menschen erhalten durch die orthodoxe Kirche eine Pflege zu Hause, 250 SchĂŒlern stellt die Diözese EDV-Kurse und schulische UnterstĂŒtzung zur VerfĂŒgung, vier physiotherapeutische Einrichtungen innerhalb der Diözese werden von der Kirche finanziert. âAll das wird nicht mehr vom Staat getragen, also mĂŒssen wir einspringenâ, sagte Metropolit Amphilochios.
Foto: Orthodoxe Kirche – Bildquelle: Andreas Gehrmann