Nostra aetate. Artikel 3: Christentum und Islam

ErklĂ€rung des Zweiten Vatikanischen Konzils ĂŒber die nichtchristlichen Religionen.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 19. Januar 2013 um 18:27 Uhr
Vaticanum II, Konzilseröffnung

Einleitung von Gero P. Weishaupt:  Nachdem Nostra aetate in Artikel 2 kurz auf den Hinduismus und den Buddhismus eingegangen ist, werden im 3. und 4. Artikel die großen abrahamitischen Religionen (Islam und Judentum) positiv beschrieben. In der Beschreibung der verschiedenen Religionen erkennt der Leser unschwer ein Stufenmodell der NĂ€he der behandelten Religionen zum Christentum. Dieses steht dem Judentum am nĂ€chsten.

In dem BemĂŒhen der KonzilsvĂ€ter – nicht zuletzt auch im Hinblick auf den interreligiösen Dialog und die Zusammenarbeit der Religionen in den vielfĂ€ltigen kulturellen, sozialen und karitativen Bereichen – das Gemeinsame der Religionen mit dem Christentum gegenĂŒber dem Trennenden zu betonen (denn Dialog geht immer – im Respekt gegenĂŒber dem Dialogpartner – zunĂ€chst vom Gemeinsamen und Verbindenen aus, bevor das Trennende thematisiert wird), stellt Artikel 3 der ErklĂ€rung die Gemeinsamkeiten, die der Islam mit dem Christentum verbindet, in den Vordergrund. Sprachlich fĂ€llt dieses BemĂŒhen vor allem in der Formulierung der Gottessohnschaft Jesu Christi auf. Die Leugnung der Gottessohnschaft Jesu durch den Islam stellt bekanntlich den zentralen glaubensmĂ€ĂŸigen und theologischen Dissenz zwischen Islam und Christentum dar. Da aber das Gemeinsame betont werden soll, formulieren die KonzilsvĂ€ter diesen Glaubensunterschied nur in einem dem Hauptsatz untergeordneten Relativsatz: „Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, …“. Durch diese Wahl der Formulierung gelingt es den KonzilsvĂ€tern, den Unterschied zwar nicht zu verschweigen, aber auch nicht in den Vordergrund zu stellen, denn er wird sprachlich zur Nebenaussage, wĂ€hrend die Hauptaussage des Satzes, das worauf es den KonzilsvĂ€tern im Duktus der ErklĂ€rung ankommt, im Hauptsatz steht. Dass Jesus Prophet gewesen ist, ist biblisch begrĂŒndet und wird auch von den Christen anerkannt. Jesus als Prophet verbindet Christentum und Islam. DarĂŒber hinaus hebt der Artikel  weitere Gemeinsamkeiten und Verbindendes beider Religionen hervor.

Im zweiten Teil des Artikels wird dazu aufgerufen, trotz der theologischen Unterschiede (vor allem in Bezug auf den Glauben der Christen an den dreifaltigen Gott und die darin begrĂŒndete unterschiedliche Anthropologie sowie in Bezug auf den Glauben an die Gottessohnschaft Jesu) die Jahrhunderte dauernde Konfliktgeschichte zwischen beiden Religionen zu ĂŒberwinden und „sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemĂŒhen und gemeinsam einzutreten fĂŒr Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen GĂŒter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit fĂŒr alle Menschen“.

Nostra aetate, Artikel 3

„Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslimen, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmĂ€chtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mĂŒhen sich, auch seinen verborgenen RatschlĂŒssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft. Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehren seine jungfrĂ€uliche Mutter Maria, die sie bisweilen auch in Frömmigkeit anrufen. Überdies erwarten sie den Tag des Gerichtes, an dem Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt. Deshalb legen sie Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten.

Da es jedoch im Lauf der Jahrhunderte zu manchen Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Muslim kam, ermahnt die Heilige Synode alle, das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemĂŒhen und gemeinsam einzutreten fĂŒr Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen GĂŒter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit fĂŒr alle Menschen.“

Foto: KonzilsvĂ€ter: – Bildquelle: Peter Geymayer / Wikipedia

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