Lohmann: „Johannes Paul II. hat unschätzbare Spuren hinterlassen“

Kathnews-Chefredakteur Benjamin Greschner im Exklusiv-Interview mit Martin Lohmann. Ein Gespräch über die bevorstehende Seligsprechung von Papst Johannes Paul II.
Erstellt von am 19. Januar 2011 um 19:05 Uhr

Bonn (kathnews). Der katholische Publizist Martin Lohmann ist Papst Johannes Paul II. häufig begegnet, begleitete ihn zum Beispiel auf der Papstreise nach Frankreich zum Grab des heiligen Martin und in die Bretagne, durfte etliche Male die heilige Messe in der Privatkapelle des Pontifex mitfeiern und hat viel über diesen Papst geschrieben. Manches wohl auch für ihn. Auch im polnischen Marienwallfahrtsort Tschenstochau war der Journalist und überzeugte Katholik dabei. Bei den Deutschlandreisen des Petrusnachfolgers ohnehin. Eine von Lohmann verfasste Novene auf die Fürsprache von Johannes Paul bekam bereits vor Jahren die kirchliche Druckerlaubnis und ist dem heutigen Papst bestens bekannt. Benjamin Greschner sprach mit Lohmann über den neuen Seligen der katholischen Kirche.

Martin Lohmann ist Jahrgang 1957. Studium der Katholischen Theologie und Geschichte an der Universität Bonn; Lehrbeauftragter für Medienethik an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in Köln, Journalist und Publizist, TV-Moderator. Er ist Verlagsleiter im traditionsreichen Bachem-Haus in Köln und verlegerisch verantwortlich unter anderem für die Kölner Kirchenzeitung. Zudem ist er freier Mitarbeiter der kathnews-Redaktion. Lohmann lebt mit seiner Familie in Bonn.

Benjamin Greschner: Herr Lohmann, freuen Sie sich auf die Seligsprechung von Johannes Paul II.?

Martin Lohmann: Und wie! Es ist gut, dass nun endlich offiziell verkündet wirdm, dass dieser außergewöhnliche Papst längst selig ist und uns – wie es sein Nachfolger bei der Beerdigung formulierte – vom Haus des himmlischen Vaters aus segnet. Ich habe unmittelbar nach seinem Heimgang begonnen, ihn als Heiligen anzurufen. Denn ein Heiliger wird ja nicht durch die Kirche „gemacht“ oder durch eine Erklärung zum Heiligen. Die Kirche verkündet aber, dass sie erkannt hat, dass jemand Seliger oder Heiliger ist und als solcher verehrt werden darf und kann. Sehr viele Menschen hatten nie einen Zweifel, dass Johannes Paul II. ein solcher ist. Auch ich hatte nie einen Zweifel. Es ist wunderbar, dass nun Benedikt XVI. dies vor aller Welt am Barmherzigkeitssonntag erklären wird. Denn dieser Johannes Paul der Große, wie ich ihn bereits zu Lebzeiten bezeichnet habe, war ein einzigartiges Geschenk an die Kirche und die Welt, und er bleibt es in ganz besonderer Weise.

Benjamin Greschner: Was war denn so besonders an ihm?

Martin Lohmann: Seine Weitsicht, seine Unängstlichkeit, seine Güte, seine Klugheit und sein geradezu greifbares Gottvertrauen. Wer ihm begegnete, wurde froh. Wer mit ihm sprach, spürte eine tief verwurzelte und zugleich erfrischende Spiritualität. Da gab es eine einzigartige Mischung aus Energie und Gelassenheit. Habt keine Angst und reißt die Tore weit auf für Christus – das lebte er. Und er konnte andere anstecken mit seiner Klarheit. Er hat nicht nur die Kirche bewegt und gesteuert, sondern auch die Welt. Ohne ihn gäbe es nicht diesen Zusammenbruch des Kommunismus und der Unterdrückung. Ohne ihn gäbe es aber auch nicht, um etwas ganz Wichtiges und geradezu Revolutionäres zu nennen, die Befreiung der katholischen Sexualmoral aus einer allzu langen und völlig unkatholischen Verklemmtheit. Seine Theologie des Leibes hingegen schafft Freiheit, Ganzheitlichkeit und Verantwortung in katholischer Liebe. Und zeigt die Schönheit dieses Geschenkes ganzheitlicher Sexualität auf. Also: Johannes Paul II. hat unschätzbare Spuren hinterlassen in der Theologie, der Soziallehre der Kirche, der Spiritualität vor allem für Jugendliche, der Lehre von der Gerechtigkeit und in der Politik. Er hat unglaublich viele Impulse gegeben. In Kirche und Gesellschaft. Man könnte sagen: ein ziemlich ganzheitlicher Pontifex. Ein Brückenbauer. Und ein Mauerbrecher, wenn wir an Berlin denken. Gerade wir Deutsche haben allen Grund zur Dankbarkeit.

Benjamin Greschner: Stimmt es, dass Sie an der Rede, die Johannes Paul II. 1996 am Brandenburger Tor gehalten hat, mitwirken konnten und sich der Papst bei Ihnen dafür bedankte?

Martin Lohmann: Nicht nur am Brandenburger Tor hat er eine große Rede gehalten. Das allein ist wichtig. Besonders dankbar bin nicht nur ich zum Beispiel dafür, dass Johannes Paul II. unmissverständlich immer wieder die Heiligkeit und Unantastbarkeit der Menschenwürde und des Lebensrechtes eines jeden Menschen betont und reklamiert hat. Das mag zwar für viele nicht immer politisch korrekt gewesen sein, aber es war stets hundertprozentig korrekt. Dieser Petrusnachfolger war, übrigens wie es sein Nachfolger ebenso klar ist, ein Zeuge des Lebens.

Benjamin Greschner: Wann sind Sie ihm erstmals begegnet? Kannten Sie ihn schon als Kardinal?

Martin Lohmann: Nein. Auch bei seinem Besuch in Köln kurz vor der Papstwahl bin ich ihm nicht begegnet, habe aber erzählt bekommen, dass dort ein faszinierender Kardinal gewesen sei.

Benjamin Greschner: Doch dann lernten Sie ihn bald kennen…

Martin Lohmann: Ja, zum Beispiel beim ersten Deutschlandbesuch 1980 in Bonn und Köln. Und auf dem Butzweilerhof.

Benjamin Greschner: Da waren Sie sogar auf der Altarinsel und haben einen gewissen Kardinal Ratzinger begleitet?

Martin Lohmann: Richtig. Bischof Hubert Luthe hatte mich mitgenommen. Es hat zwar fürchterlich geregnet, aber in der Erinnerung bleibt viel Sonne durch einen ausdrucksstarken und glaubensfesten Heiligen Vater, der es nicht nur in Köln verstand, die Herzen und Seelen der Menschen zu erreichen.  Er war wirklich jemand, der sich wie die ersten Jünger vom Herrn zu einem Menschenfischer machen ließ, alles stehen und liegen ließ und Jesus in tiefer Freundschaft nachfolgte. Ohne Angst. Ohne Zögern. Aber mit vollem Vertrauen. Er hat uns immer wieder Mut gemacht, Gott zu suchen und in Ihm Frieden zu finden. Er war ein Apostel der Wahrheit und Träger des Lichts.

Benjamin Greschner: Jetzt haben Sie aus der Novene zitiert, die Sie 2005 geschrieben haben und die 2008 die kirchliche Druckerlaubnis bekam?

Martin Lohmann: Ja. Sie wird bereits seit 2007 in Europa und Afrika kräftig gebetet. Man könnte sie doch beginnend am 23. April bis zum 1. Mai gemeinsam beten, oder? Übrigens: der Gebetszettel ist kostenlos erhältlich bei der Fatima-Aktion in Kisslegg, Hauptstraße 22, Tel. 07563-92003.

Benjamin Greschner: Danke für diesen Hinweis. Gehört Johannes Paul zu Ihren „Lieblingsheiligen“?

Martin Lohmann: Zweifellos. Aber mein Namenspatron Martin von Tours, der heilige Johannes, Mutter Teresa, Theresia von Lisieux, Caterina, Petrus, Joseph und natürlich die Gottesmutter kommen sich da ganz gewiss nicht ins Gehege und werden gegen diesen Zuwachs im Heiligenkalender garantiert nichts einzuwenden haben.

Benjamin Greschner: Welche Begriffe passen Ihrer Kenntnis nach besonders gut auf den neuen Seligen?

Martin Lohmann: Gottvertrauen. Furchtlosigkeit. Freiheit.

Benjamin Greschner: Vielen Dank für dieses Gespräch.

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