Kommentar zur Instruktion “Universae Ecclesiae” – V. Teil

Fünfter Teil eines kathnews-Kommentars von Dr.iur.can. Gero P. Weishaupt.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 21. Juni 2011 um 08:27 Uhr

Bezugnehmend auf Artikel 2 des Motu proprio “Summorum Pontificum” erklärt die Instruktion “Universae Ecclesiae” nach der deutschen Übersetzung des Osservatore Romano (OR, Nr. 20, 20.05.2011, 12-13):  “Das Motu proprio gewährt jedem Welt- und Ordenspriester die Erlaubnis, die Messe sine populo (oder mit Beteiligung nur eines Messdieners) in der forma extraordinaria des römischen Ritus zu feiern … . Daher brauchen die Priester für solche Feiern gemäβ dem Motu proprio Summorum Pontificum keinerlei besondere Erlaubnis ihrer Ordinarien oder Oberen” (UE, Nr. 23). Für die Messe ohne Volk, d. h. Messen, die keine Gemeindemessen sind, bedarf der Priester, der sie in der Forma extraordinaria feiern möchte,  nicht mehr der Erlaubnis des Ordinarius bzw. – bei Ordenspriestern – des Ordensoberen.

Das ist an sich nichts Neues. Das drückt bereits  unmissverständlich das Motu proprio “Summorum Pontificum” aus (SP, Art. 2). Dadurch aber, dass die Instruktion in Nr. 23 die Gemeindemesse nicht erwähnt und auch nicht in bezug auf den Ordinarius an anderer Stelle auf die Gemeindemesse eingeht, kann das Missverständnis entstehen, dass im Fall einer Gemeindemesse der jeweilige  Priester die Erlaubnis des Ordinarius einzuholen hat. Um jedes Missverständis zu vermeiden, hätte die Instruktion meiner Ansicht nach in diesem Zusammehang an den Artikel 5 § 1 des Motu proprio nochmal erinnern sollen, der die Feier der auβerordentlichen Form als Gemeindemesse regelt. Der besagte Artikel  richtet sich nicht an die Ordinarien, sondern an die Pfarrer vor Ort. Es heiβt dort: “In Pfarrein, wo eine Gruppe von Gläubigen, die der früheren liturgischen Tradition anhängen, dauerhaft existiert, hat der Pfarrer deren Bitte, die heilige Messen nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Messbuch zu feiern, bereitwillig aufzunehmen. …”.

Adressaten für die Zulassung von Gemeindemessen in der forma extraordinaria

Wenn Artikel 5 § 1 den Pfarrer nennt, dann sind damit auch alle die kanonischen Ämter mitgemeint, die dem Pfarrer rechtlich gleichgestellt sind. In meinem kirchenrechtlichen Kommentar zum Motu proprio habe ich diese Ämter einzeln aufgeführt. Adressat des Art. 5 § 1 des Motu proprio “Summorum Pontificum” sind demnach auβer dem Amtspfarrer (ausgenommen von Artikel 5 1 ist demnach der in einigen deutschsprachigen Partikularkirchen eingerichtete “Titularpfarrer”, der kein Pfarrer im kirchenrechtlichen Sinn ist, sondern ein Pfarrvikar (im Volksmund: “Kaplan”)  oder ein Priester mit einem besonderen kategorialen Seelsorgsauftrag [etwa als Schulseelsorger]), jene Priester, die nach can. 517 § 1 in einer oder mehreren Pfarreien “solidarisch” (in solidum) die Seelsorge ausüben, und zwar für die Pfarrei oder den territorialen Seelsorgebezirk, die bzw. der ihnen vom Ordinarius zugewiesen worden ist, ferner der Leiter einer Quasipfarrei (can. 516 § 1), der Pfarradiminstrator (oder Pfarrverweser: can. 540 § 1) und schlieβlich der sogenannte “Moderator”, der immer ein Priester sein muss nach can. 517 § 2 (= außerordentliche, d. h. nur zeitliche Wahrnehmung der Seelsorge durch einen Diakon oder Laien wegen Priestermangels),  nicht hingegen der Moderator des can. 517 § 1, der die Zusammenarbeit der einer Priestergruppe “solidarisch” übertragenen Seelsorge für eine oder mehrere Pfarreien leitet.

Dieser ist nur insofern Adressat des Art. 5 § 1 des Motu proprio, als er zugleich Pfarrer im “Priesterteam” ist, was allerdings immer der Fall sein muss.  Als Pfarrer im Pfarrersteam ist der Moderator nur für seine Pfarrei bzw. den ihm zugewiesenen Seelsorgebereich für die Zulassung von Messen in der forma extraordinaria befugt (vgl. Gero P. Weishaupt, “Päpstliche Weichenstellungen. Das Motu Proprio Summorum Pontificum Papst Benedikts XVI. und der Begleitbrief an die Bischöfe. Ein kirchenrechtlicher Kommentar und Überlegungen zu einer ‘Reform der Reform’, Bonn 2010, 61 f.).

Keine Erlaubnis des Ordinarius erforderlich

Weil Adressat des Motu Proprio die Pfarrer vor Ort und die ihnen kirchenrechtlich Gleichgestellten sind, kommt die Entscheidung, Gemeindesmessen in der auβerordentlichen Form zu feiern, ausschlieβlich ihnen zu. Die Ordinarien (Bischöfe, Generalvikare, Bischofsvikare) haben eine subsidäre Funktion und sollen als Oberhirten in eventuellen Konfliktsituationen vermitteln, sie haben aber keine Entscheidungsbefugnis. Bisher anderslautende gesetzliche Regelungen, nach denen die Bischöfe zuvor die Erlaubnis geben mussten, hat Papst Benedikt XVI. mit dem Motu proprio “Summorum Pontficum“ gänzlich aufgehoben, namentlich das die Messe in der überlieferten Form weit einschränkende Indult “Quattuor abhinc annos” vom 3. Oktober 1984, wonach die Priester nur mit ausdrücklicher Erlaubnis die überlieferte Form zelebrieren durfte, wobei der Bischof auch Ort und Zeit genau festlegte. Castrillón Kardinal Hoyos, der an der Redaktion des Motu proprio maβgeblich beteilitgt war, hat bekräftigt, dass Papst Benedikt XVI. die Entscheidung den Pfarrern vor Ort überlässt, “weil seit 1984 und trotz der Aufrufe des Heiligen Stuhles die Mehrheit der Bischöfe hartnäckig daran festhielt, wegen des radikalen Vorurteils und der Aversion gegenüber dem alten Ritus nach eigenem Gutdünken zu handeln” (Gero P. Weishaupt, “Päpstliche Weichenstellungen”, 91, Fuβnote 283).

Messe ohne Volk

Was für die Gemeindefeier gilt, trifft a fortiori für die Messe ohne Volk zu, wie die Instruktion “Universae Ecclesiae” nochmals die Norm des Motu proprio wiederholt: Ein Priester bedarf auch nicht der Erlaubnis des Ordinarius/Oberen, wenn er die Messe ohne Volk zelebrieren möchte. Die Instruktion erklärt nun zusätzlich in Nr. 23, dass eine Messe ohne Volk auch eine Messe mit Beteiligung eines Messdieners (uno tantum ministro participante) bedeutet. Dabei wird zwischen “Messe ohne Volk” (Missa sine populo) und Messe mit Beteiligung (mindestens) eines Messdieners nicht unterschieden, wie das lateinische “seu” im Orginaltext der Instruktion im Gegensatz zur deutschen Übersetzung (“oder) verdeutlicht (Facultas celebrandi Missam sine populo seu uno tantum ministro participante). Die Disjunktion “oder” kann im Deutschen als ein- und ausschliesslich gedeutet werden.

Das lateinische “seu” heiβt hingegen allgemein “oder” im einschlieβenden Sinn (im Gegensatz zur lateinischen Disjunktion „aut“, die immers ausschließende Bedeutung hat: entweder das eine oder das andere, aber niemals beide zusammen) und ist (ähnlich dem lateinischen „vel“) gleichbedeutend mit „beziehungsweise“.  Im Klartext bedeutet das: Die Instruktion sieht eine Messe mit einem Messdiener ebenfalls als eine Messe ohne Volk an. Darin folgt sie der Sichtweise der Allgemeinen Einführung in das Römische Messbuch von 2000, die nicht von der “Missa sine populo” (Messe ohne Volk) spricht, sondern von der “Missa cui unus tantum minister assistit” (Messe, bei  er nur ein Messdiener assistiert).

Messe ohne Volk in der außerordentlichen Form auch ohne Messdiener

Damit ist alledings keineswegs gesagt, dass die Messe in der forma extraordinaria nur unter Beteiligung eines Messdieners gefeiert werden darf. Hier treten wir in den Bereich der Disziplin ein. Darüber handelt die Nr. 27 der Instruktion „Universae Ecclesiae“, auf die ich in diesem Kommentar später noch eingehen werde.

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