Kommentar zur Instruktion „Universae Ecclesiae“ – II. Teil

Zweiter Teil eines kathnews-Kommentars von Dr.iur.can. Gero P. Weishaupt.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 8. Juni 2011 um 09:28 Uhr

In Art. 5 § 1  des  Motu proprio “Summorum Pontificum” heiβt es u.a.: “In Pfarreien, wo eine Gruppe von Gläubigen, die der früheren liturgischen Tradition anhängen, dauerhaft existiert (stabiliter existit) hat der Pfarrer deren Bitten, die heilige Messe nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Messbuch zu feiern, bereitwillig aufzunehmen.” Das Motu proprio macht keine Angaben  über die Gröβe und die Zusammensetzung der Gruppe. Der Bischof von Augsburg hatte in seinen Ausführungsbstimmungen bestimmt, dass die Gruppe mindestens aus 25 Personen bestehen müsse. Der Erzbischof von Freiburg normierte, dass Gläubige,d ie nicht zur jeweiligen Pfarrei gehören, nicht zu dieser Gruppe gezählt werden dürfen. Eine solche Gruppe könne nur aus Mitgliedern der betreffenden Pfarrei bestehen.

Nicht nur beschränkt auf Pfarrangehörige. Keine Mindestzahl.

Die Instruktion “Universae Ecclesiae” hat nun klar festgestellt: “Ein coetus fidelium (“Gruppe von Gläubigen”) kann dann als stabiliter existens (“dauerhaft bestehend”) im Sinne von 5 § 1  des Motu proprio Summorum Pontificum betrachtet werden, wenn er aus einigen Angehörigen einer bestimmten Pfarrei besteht, die sich aufgrund der Verehrung für die Liturgie im Usus antiquior zusammengefunden haben, auch nach der Veröffentlichung des Motu proprio, und die darum bitten, dass die auβerordentliche Form in der Pfarrkirche oder in einem Oratorium oder einer Kapelle gefeiert werde. Ein solche Gruppe kann auch aus Personen bestehe, die aus verschiedenen Pfarrien oder Diözesen stammen und die zu diesem Zweck in eienr bestimmten Pfarrkirche, einem Oratorium oder einer Kapelle zusammenkommen” (UE, Nr. 15).  Die Instruktion nennt keine Mindestzahl von Gläubigen. Es kann sich durchaus um eine kleine Gruppe handeln (z.B. drei Personen). Was die Zusammensetzung angeht, so sagt die Instruktion ausdrücklich, dass auch Gläubiger, die nicht zur betreffenden Pfarrei gehören, eine solche Gruppe bilden können. Das heiβt Gläubige anderer Pfarreien oder Diözesen können eine solche Gruppe bilden oder sich einer bereits in der Pfarrei bestehenden Gruppe anschlieβen.

Die Denkart des Gesetzgebers

Kardinal Darío Castrillón Hoyos, der als ehemaliger Präsident der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei bei der Mitarbeit an der Verfassung des Gesetzestextes Summorum Pontificum maßgeblichen Anteil hatte, hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in keinem der vorherigen Entwürfe zum Motu proprio eine Mindestgrenze für die Gruppe von Gläubigen festgelegt worden sei. Aus dieser Erklärung wird die Denkart des Gesetzgebers (die  mens legislatoris, die  nach can. 17 eine der Auslegungsregeln für kanonische Gesetze ist) als gewichtiges Hilfsmittel bei der Ermittlung des Gesetzessinnes  bezüglich der Anzahl der Gläubigen erkennbar.

“Dauerhaf bestehend”

Bei der Gruppe muss es sich nicht unbedingt um denselben Personenkreis handeln. Das ergibt sich aus dem Begriff “stabiliter” (beständig). Darum kann die Gruppe ohne weiters aus verschiedenen Personen bestehen. Es geht um die Gruppe als solche. Diese bestimmt sich von ihrem Ziel her: der Teilnahme an einer Messfeier im außerordentlichen Usus. Diese Ziel muss beständig bezweckt werden.

Gewissenhafte und wohlwollende Entscheidung  des Pfarrers 

Bei der Entscheidung, einer Bitte von Gläubigen in Einzelfällen zu entsprechen,  “soll sich der Pfarrer, Rektor oder ein anderer für die Kirche zuständige Priester von seiner Klugheit sowie von seelsorgerischem Eifer und vom Geist groβzügiger Gastfreundschaft leiten lassen”, heiβt es in der Instruktion (UE, Nr. 17 § 1). Der verantwortliche Priester hat, getragen von pastoralem Eifer,  die Bitte der Gläubigen ernst zu nehmen. Dabei hat er zugleich  die gesamte Pfarrseelsorge  im Blick zu behalten, denn die Feiern in der auβerordentlichen Form der Messe müssen sich in das Gesamt der Pfarrseelsorge einfügen. Es darf nicht zu Spannungen kommen, schon gar nicht zu Spaltungen oder Bevorzugung  von Gruppen  in der Pfarrei führen . Auch soll der verantwortliche Seelsorger abwägen, inwieweit er den zustätzlichen Dienst mit der bisherigen seelsorglichen Beanpruchung verbinden kann.  Ist eine Gruppe klein und sieht der  verantwortlich Priester sich  im Blick auf andere seelsorgliche  Aufgaben  nicht in der Lagte,  eine zusätzliche Messe in der überlieferten Form zu feiern, soll er sich an den Ortsordinarius (Bischof, Generalvikar, zuständiger Bischofsvikar) wenden, der für die Gläubigen im Bistum eine Kirche zur Verfügung stellt (UE, Nr. 17 § 2).

Auβerordentliche Form auch in Heiligtümern  und Wallfahrtsorten

“Unter Heiligtümern”, so das Kirchliche Gestzbuch (CIC/1983), “vesteht man eine Kirche oder einen anderen heiligen Ort, zu dem aus besonderem Frömmigkeitsgrund zahlreiche Gläubige mit Gutheiβung des Ortsordinarius pilgern” (can. 1230). Ein Unterschied zwischen “Heiligtum” (sanctuarium) und Wallfahrtsort (peregrinationis  locus) ist zunächst nicht erkenntbar. Das kirchliche Gestzbuch unterscheidet nicht zwischen beiden, es kennt nur den Begriff des “sancutarium” (Heiligtum), womit auch ein Wallfahrtsort gemeint ist.  Die Instruktion “Universae  Ecclesiae” nennt einerseits Heilgtümer, andererseits Wallfahrtsorte.  Der Unterschied mag darin besehen, dass die Errichtung von  Heiligtümern  immer der Gutheiβung des Ortsordinarius (approbante Ordinario loci) bedürfen.  Wie dem auch sei: Die Instruktion bestimmt, dass “den Pilgergurppen, die darum bitten, die Feier in der forma extraordinaria ermöglicht werden” soll (UE, Nr. 18). Sie bezieht sich dabei auf Art. 5 § 3 des Motu proprio “Summorum Pontificum”, wo es heiβt: “Gläubigen oder Priestern, die  darum bitten, hat der Pfarrer auch zu besonderen Gelegenheiten Feiern in dieser auβerordentlichen Form zu gestatten, so. z.B. bei Trauungen, Begräbnissen oder Feiern aus bestimmtem Anlass wie etwa Wallfahren.”

Bedingung: ein geeigneter Priester

“Universae Ecclesiae” knüpft  in bezug auf Wallfahrtsorte bzw. Heiligtümer  die Möglichkeit der Feier der auβerordentlichen Form der heiligen Messe an die Bedingung, dass ein “geeigneter Priester zur Verfügung steht”.  Damit ist nicht ausgedrückt, dass der zuständige Ortsordinarius unbedingt einen Priester für diese Fälle  an dem Heiligtum (Wallfahrtsort) fest anstellt, wenngleich es durchaus sinnvoll ist, dies zu tun, zumal wenn es häufig vorkommt, dass Pilger  die Bitte  nach der überlieferten Form äuβern. Jedenfalls kann der Bitte nur entsprochen werden, wenn ein geeigneter Priester zur Verfügung steht. Wenn ein Priester, der eine Pilgergruppe leistet, an dem Heiligtum oder Wallfahrtsort selber die Messe in der überlieferten Form feiern möchte,  ist ihm dies zu gestatten. Das geht schon aus dem zitieten Art. 5 § 3 des Motu proprio unzweideutig hervor.

Drei Bedingungen für die Zulassung von Gläubigen

Die Instruktion “Universae Ecclesiae” nennt des weiteren unmissverständlich drei Bedingungen für die Zulassung von Gläubigen zur Feier der auβerordentlichen Form des Römischen Messritus: Die Gläubigen “dürfen nicht Gruppen unterstützen oder angehören, welche die  Gültigkeit oder Erlaubnis der heiligen Messe oder der Sakramente in der forma ordinaria bestreiten und/oder den Papst als Obersten Hirten der Gesamtkirche ablehnen” (UE, Nr. 19). In bezug auf die heilige Messe und die Sakramente in der ordentlichen Form, das heiβt in der im Zuge der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfolgten Erneuerung der Riten der Messe und der Sakramente, wird  die Anerkennung gefordert 1. ihrer Gültigkeit, 2. ihrer Erlaubnis. In seinem Begleitbrief an die Bischöfe zum Motu proprio “Summorum Pontificum” hatte Benedikt XVI. formuliert: “Um die volle communio zu leben, können die Priester, die den Gemeinschaften des alten Usus zugehören, selbstverständlich die Zelebration nach den neuen liturgischen Büchern im Prinzip nicht ausschlieβen. Ein völliger Ausschluss wäre nämlich nicht in Übereinstimmung mit der Anerkennung des Wertes  und der Heiligkeit ddees Ritus in seiner erneuerten Form.” Man beachte, dass der Papst hier nicht sagt, dass keine Kritik an der erfolgten Liturgiereform möglich ist.

Der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Ratzinger, sparte selber  nicht mit Kritik am Missale Pauls VI., dass er in manchen Punkten für verbesserungswürdig hält. Die Liturgiereform weicht in manchen Punkten von den Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils  ab. Darum ist die Revision der Liturgiereform für Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. ein wichtiges Anliegen  (“Reform der Reform”). Aber grundsätzlich gilt es, die erneurten Riten des Missale sowie der Ritualien anzunehmen und nicht auszuschlieβen.  Die  Bereitschaft, die erneuerten Riten zu bejahen und die Exklusivität der klassischen Römischen Liturgie zu verneinen, erwartet die Instruktion von allen Gläubigen, also sowohl von Klerikern als auch von den nicht geweihten Christgläubigen (“Laien”). Als dritte Bedingungen nennt “Universae Ecclesiae”  die Anerkennung des Papstes als des Obersten Hirten der Gesamtkirche. Damit ist der Ausschluss  schismatischer und sedisvakantischer Gruppierungen sowie solcher, die den Jurisdiktionsprimat des Papstes missachten, ausgesagt. Wer eine der drei genannten Bedingungen nicht erfüllt, kann nicht zu einer Gruppe von Gläubigen zugelassen werden, die die überlieferte Messe feiern möchte.

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