Interdiözesanes kichliches Strafgericht in den Niederlanden
Amsterdam (kathnews). Die niederländische Bischofskonferenz plant, ein für alle Bistümer der niederländischen Kirchenprovinz zuständiges zentrales Kirchengericht für Strafsachen einzurichten. Das meldeten niederländische Medien am vergangenen Mittwoch. Ein entsprechender Antrag liegt dem höchsten Gericht der Apostolischen Signatur in Rom vor, das als Gerichtsaufsichtsbehörde auch für die Erlaubnis zur Errichtung von interdiözesanen Gerichten zuständig ist.
Alle Delikte
Wenngleich der direkte Anlass für die Errichtung eines interdiözesanen Gerichtshofes die sexuellen Missbrauchfälle sind, werden die Delikte nicht nur auf Sexualdelikte beschränkt bleiben. Im Prinzip kann gegen alle Straftaten, die als solche im Kirchenrecht vorgesehen sind, bei diesem Gericht Klage erhoben werden. Dazu gehören u.a. auch die dem Apostolischen Stuhl zur Beurteilung nicht vorbehaltenen liturgischen Missbräuche durch Kleriker und Pastoralassistenen, sofern ein Bischof nicht entscheidet, Delikte auf dem Verwaltungsweg zu ahnden. Die Liturgie-Instruktion “Redemptionis Sacramentum” der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramte von 2004 benennt zu ahnende liturgische Missbräuche. Sofern es sich nicht um schwerwiegendere Delikte handelt, die dem Apstolischen Stuhl zu melden sind, hat jeder Bischof liturgische Missbäuche rechtlich zu verfolgen. “Jeder Katholik, ob Priester, Diakon oder christgläubiger Laie, hat das Recht, über einen liturgischen Mißbrauch beim Diözesanbischof oder beim zuständigen Ordinarius, der ihm rechtlich gleichgestellt ist, oder beim Apostolischen Stuhl aufgrund des Primats des Papstes Klage einzureichen. Es ist aber angemessen, daß die Beschwerde oder Klage nach Möglichkeit zuerst dem Diözesanbischof vorgelegt wird (Redemptionis Sacramentum, Nr. 184).
Größtmögliche Objektivität
Die Art der Strafe hängt vom jeweiligen Delikt, dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Strafmaß und dem Strafzweck ab. Bußgelder und andere Bußen, Suspension (bei Klerikern), Interdikt, Exkommunikation, Amtsentzug oder (bei Klerikern) Entlassung aus dem Klerikerstand (“Laisierung”) gehören zu den kirchenrechtlichen Strafmöglichkeiten. Zwar kann ein Bischof Strafsachen auch im Kirchengericht seiner eigenen Diözese (Offizialat) durchführen lassen, doch garantiert ein interdiözesaner Strafgerichtshof für alle Bistümer eine größtmögliche Objektivität und Gerechtigkeit im Gerichtsverfahren.
Das Gerichtsverfahren
Erhält der Bischof bzw. der Ordinarius “wenigstes eine wahrscheinliche Kenntnis davon, dass eine Straftat begangen worden ist”, veranlasst er eine Voruntersuchung (can. 1717). Erhärtet sich der Tatverdacht, entscheidet der Ordinarius, ob er die Strafe auf dem Gerichts- oder dem Vewaltungsweg auferlegt. Bei besonders schweren liturgischen Missbräuche, bei Delikten gegen den Glauben und bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger ist ein diözesanes oder interdiözesanes Kirchengericht nicht zuständig. Der Ordinarius hat darum bei diesen schwerwiegenden Fällen die Akten der Voruntersuchung zur weiteren Verhandlung an die Glaubenskongregation in Rom zu senden. Ist der Ordinarius selber zuständig, dann hat er, wenn er sich für den Gerichtsweg entscheidet, die Akten der Voruntersuchung dem Kirchenanwalt (vergleichbar mit dem Staatsanwalt) zu überweisen. Besonders schwere Strafen wie die Entlassung aus dem Klerikerstand können nur durch ein Gericht verhängt werden.
Das Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Für den Angeklagten besteht Anwaltspflicht. Während des Strafverfahrens kann der Ordinarius “zur Vermeidung von Ärgernissen, zum Schutz der Freiheit der Zeugen und zur Sicherung des Laufs der Gerechtigkeit” einen Angeklagten (Kleriker oder Laie), der im kirchlichen Dienst steht, vom geistlichen Dienst suspendieren (can. 1722). Diese Supsension ist allerdings keine Strafe, sondern eine Disziplinarmassnahme. Am Ende des Verfahrens haben der Angeklagte bzw. dessen Anwalt das Recht, sich als letzter schriftlich oder mündlich zu äussern. Gegen ein Strafurteil kann Berufung eingelegt werden (can. 1726).