IMABE-Institut bestätigt frühabtreibende Wirkweise aller Präparate der “Pille danach”

Ein Kommentar von Felizitas Küble, Leiterin des KOMM-MIT-Jugendverlags und des Christoferuswerks in Münster.
Erstellt von Felizitas Küble am 15. Februar 2013 um 12:45 Uhr
Embryo

Köln/Wien (kathnews/CF). Warum lobt IMABE dennoch die verwirrende “Pillen-Erklärung” Kardinal Meisners? IMABE, das Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik in Wien, veröffentlichte am 13. Februar dieses Jahres eine Stellungnahme zur Wirkweise diverser “Pille danach” angesichts der gegenwärtigen Debatte zu diesem “heißen Eisen” – und fügte in einem Anhang aktualisierte medizinische Erläuterungen hinzu. Bereits vor ca. drei Jahren hatte IMABE-Direktor Prof. Dr. Johannes Bonelli in einem Fachartikel dargelegt, daß die seit Jahrzehnten bekannten Präparate der “Pille danach” mit dem Wirkstoff Levonorgestrel (LNG) – es handelt sich dabei um ein künstliches Gestagen-Hormon -dann eine frühabtreibende Wirkung entfalten, wenn sie kurz vor, während oder relativ bald nach dem Eisprung eingenommen werden – und sofern eine Befruchtung stattfand. In den jetzigen Erläuterungen des IMABE-Wissenschaftsinstituts wird auch der Wirkmechanismus einer neueren Variante der “Pille danach” untersucht, die erst seit 2009 unter dem Handelsnamen EllaOne im Umlauf ist: Dieses Präparat enthält kein Kunst-Gestagen wie die “klassische” Pille-danach, sondern blockiert durch den Wirkstoff Ulipristalacetat die natürliche Funktion jenes Geschlechtshormons Progesteron, das z.B. den Eisprung der Frau ebenso reguliert wie den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Wird nun das Progesteron in seiner eigentlichen Wirkweise durch Ulipristal blockiert, dann logischerweise in beiderlei Hinsicht, also nicht nur betreffs Eisprung, sondern auch hinsichtlich der Nidation bzw. Implantation, die gehemmt bzw verhindert wird.

Diese Nidationshemmung bedeutet aber, daß sich der Keimling bzw. Embryo – die kleinste Erscheinungsform des Menschen – nicht in die Gebärmutter einnisten kann, also innerhalb der ersten oder zweiten Woche seiner Existenz abstirbt. Sowohl die herkömmliche “Pille danach” (Levonorgestrel) wie auch die “jüngere” Variante (Ulipristal) wirken potentiell frühabtreibend, wenn sie zu einem Zeitpunkt eingenommen werden, in dem eine Verhinderung des Eisprungs nicht mehr möglich ist. Die Stellungnahme von IMABE bestätigt diese abortive Wirkung von Ulipristal mit ausführlichen Erläuterungen unter dem Zwischentitel “Nidationshemmende Wirkung von Ulipristal”. – Das Präparat wird als “Nachfolgepräparat der Abtreibungspille Mifepristone” bezeichnet.

“Ulipristal hat auch abtreibende Wirkung”

Zudem heißt es: “Ulipristal hat ovulationshemmende, aber – dosisabhängig wie Mifepristone – auch abtreibende Wirkung.” – Dieser Befund wird mit Studien belegt. Der Vergleich der herkömmlichen mit der jüngeren “Pille danach” zeigt zwar methodisch unterschiedliche Wirkmechanismen, doch das Ergebnis bzw. der frühabtreibende Faktor ist grundsätzlich derselbe, wie IMABE klarstellt: “Der Anteil der nidationshemmenden Wirkung ist bei beiden Präparaten praktisch gleich groß.” Wir halten demnach fest, daß alle im Handel erhältlichen Sorten der “Pille danach” potentiell frühabtreibend wirken, wenn die Präparate relativ kurz vor dem Eisprung, während dieser Phase oder im baldigen Zeitraum danach eingenommen werden. Aber selbst dann, wenn die “Pille danach” zu einem für die Verhütung passenden Zeitpunkt eingenommen wird, ist die Verhinderung der Befruchtung durchaus nicht hundertprozentig gewährleistet. Findet dennoch eine Empfängnis statt, dann tritt die frühabtreibende Wirkung in Kraft – sie ist gleichsam ein schlußendlicher “Sicherheitsfaktor”. Das IMABE-Institut schreibt jedenfalls zu den “beiden Substanzen” (Levonorgestrel, Ulipristal) Folgendes (Linie von uns): “Gemeinsam ist ihnen, dass sie den Eisprung hemmen oder um einige Tage verzögern und dadurch eine Befruchtung nach Geschlechtsverkehr verhindern können, wenn die „Pille danach“ rechtzeitig vor dem zu erwartenden Eisprung eingenommen wird.”

Es heißt hier nicht, daß diese Substanzen Eisprung und Befruchtung “verhindern”, sondern verhindern “können”. Dabei ist grundsätzlich zu bedenken: Auch bei der “empfängnisverhütenden” Anti-Baby-Pille, die von Frauen dauerhaft eingenommen wird, kann es zu sog. Durchbruchs-Ovulationen kommen, so daß eine Empfängnis stattfindet, was zur Folge haben kann, daß das befruchtete Ei sich wegen des nidationshemmenden Pillenfaktors nicht in die Gebärmutter einnistet, der Keimling also stirbt. Daher enthalten auch “normale” Pillen einen potentiell frühabtreibenden Faktor (der je nach Hormonbestandteilen differiert), worauf die hohe Sicherheit der Pille beruht. Diese abortive Wirkweise bestätigt auch IMABE. Unabhängig von diesem speziellen Aspekt steht aber ohnehin fest, daß bislang keine “Pille danach” ohne Nidationshemmung bekannt ist. Dieser Befund w i d e r s p r i c h t jedoch jenen entscheidenden Aussagen von Kardinal Meisner, der am 31. Januar 2013 in seiner aufsehenerregenden Erkärung eingangs festgestellt hat: “Aus gegebenem Anlass habe ich mich mit Fachleuten über die Frage der Verordnung der so genannten „Pille danach” beraten. Dabei wurde deutlich, dass darunter unterschiedliche Präparate mit unterschiedlichen Wirkprinzipien zu verstehen sind, deren Wirkungen und Nebenwirkungen sich in der wissenschaftlichen Diskussion immer weiter klären. Daraus ergeben sich ethische Konsequenzen. Wenn nach einer Vergewaltigung ein Präparat, dessen Wirkprinzip die Verhinderung einer Zeugung ist, mit der Absicht eingesetzt wird, die Befruchtung zu verhindern, dann ist dies aus meiner Sicht vertretbar.”

In Meisners Text ist ausdrücklich von “unterschiedliche Präparate mit unterschiedli­chen Wirkprinzipien” die Rede, so daß unmittelbar der Eindruck entsteht, als gäbe es zwei verschiedene Varianten der “Pille danach”, nämlich einerseits jene, die empfängnisverhütend wirken – und andererseits jene, die eine Nidation verhindern, die also im Falle einer Befruchtung abortiv (frühabtreibend) sind. Eine “Pille danach” ohne frühabtreibenden Faktor gibt es aber nicht, wie IMABE in seinem medizinischen “Anhang” ebenfalls feststellt.

Meisners “Wunschpille” gibt es nicht

Es handelt sich bei den Darlegungen des Kölner Erzbischofs insofern um eine Art “Phantom-Pille” – man könnte auch von “Meisners Wunschpille” sprechen. Es ist aber gewiß keine “Kardinaltugend” – weder eine der Klugheit noch der Gerechtigkeit, geschweige der Tapferkeit – eine verwirrende öffentliche Debatte über die “Pille danach” und ihre kirchliche Beurteilung anzustoßen, wobei hypothetische Was-wäre-wenn-Argumente wie ein klarer Sachverhalt präsentiert werden, obwohl dies von der wissenschaftlich nicht gedeckt ist. Daß der Kölner Kardinal nicht etwa nur von diversen Medien, sondern auch von katholischen Fachleuten durchaus so verstanden wurde, als gäbe es rein empfängnisverhütende “Pillen danach”, erweist sich beispielhaft anhand eines Domradio-Gesprächs mit Dr. Manfred Lütz: Am 31. Januar 2013 veröffentlichte Meisners Kirchenfunk dieses Interview mit dem Psychiater und Theologen, der die “Pillen-Erkärung” des Kardinals vom selben Tag lobte und als “beeindruckende Reaktion” würdigte. Bereits in seiner ersten Antwort bestreitet Dr. Lütz weitgehend eine frühabtreibende Wirkung der “Pille danach”: “Bei den beiden derzeitig auf dem Markt befindlichen Pillen danach ist von Wissenschaftlern ganz offenbar, zumindest bei der einen Pille, möglicherweise aber auch bei der anderen, kein nidationshemmender Effekt feststellbar, wobei in der Wissenschaft wie immer unterschiedliche Beurteilungen existieren.” Im nächsten Satz erklärt Dr. Lütz sogar ohne Wenn und Aber, das “Wirkprinzip Nidationshemmung” sei “bei den beiden Präparaten nicht der Fall”.

Dies widerspricht freilich seiner vorhergehenden Aussage, wonach diesbezüglich “in der Wissenschaft wie immer unterschiedliche Beurteilungen existieren” würden. Sein Interview offenbart jenen Irrtum, den er aus Meisners Stellungnahme ableitet: Es gäbe Präparate der “Pille danach” ohne frühabtreibende Wirkung – immerhin bezieht sich Dr. Lütz hierbei auf die Pillen-Erklärung des Kardinals. Äußerst problematisch ist im Meisner-Text aber auch folgende Aussage zum angeblich wünschenswerten Verhalten kath. Krankenhäuser gegenüber vergewaltigungsbetroffenen Frauen: “Darüber hinaus ist nichts dagegen einzuwenden, dass sie in diesem Fall auch über Methoden, die nach katholischer Auffassung nicht vertretbar sind, und über deren Zugänglichkeit aufklären, wenn sie dabei, ohne irgendwelchen Druck auszuüben, auf angemessene Weise auch die katholische Position mit Argumenten erläutern.” Warum sollte eine kath. Klinik “Aufklärung” über frühabtreibende Mittel und deren “Zugänglichkeit“ (!) betreiben? – Kann es ernsthaft Aufgabe kirchlicher Einrichtungen sein, den “Zugang” zu Abtreibungsmitteln und damit zur vorgeburtlichen Kindstötung aufzuzeigen?!

Irreführende “Erläuterungen” der Pressestelle

Ergänzend zum Meisner-Text wurde am 31. Januar zeitgleich eine Stellungnahme mit “Erläuterungen” der Pressestelle des Kölner Erzbistums veröffentlicht, die mit den Worten beginnt: “Die Erklärung des Erzbischofs von Köln berücksichtigt neuere Erkenntnisse bezüglich der so genannten „Pille danach”. Sie betrifft nicht die nach katholischer Auffassung nach wie vor abzulehnende Abtreibungspille Mifepriston (RU 486, „Mifegyne”).” Hier wird nun – in diesem Zusammenhang völlig sachfremd – das Abtreibungsmittel RU 486 (Mifegyne) ins Spiel gebracht, das aber ohnehin keine Frühabtreibungspille ist, sondern vielmehr die Vernichtung des ungeborenen Kindes in den ersten neun Wochen bewirkt, also schlicht eine chemische Methode der Abtreibung darstellt. Anscheinend möchte man mit diesem deplazierten Hinweis den Eindruck erwecken, als verträte man durchaus eine eindeutige Haltung gegen Frühabtreibung; dabei geht es bei RU 486 freilich gar nicht um jene Ebene der Nidationshemmung. Unstrittig ist jedenfalls, daß Kardinal Meisner sowohl für seine eigene Erklärung wie auch für die “Erläuterungen” seiner erzbischöflichen Pressestelle die Verantwortung trägt. Somit ist er auch für die – durch beide Stellungnahmen entstandene – Verwirrung und Verirrung in der öffentlichen Wahrnehmung mitverantwortlich. Mit dieser irreführenden Debatte wurde der kirchlichen Glaubwürdigkeit in puncto glasklarer Lebensschutz ein enormer Schaden zugefügt.

Dennoch schreibt das IMABE-Institut, das der Katholik Dr. J. Bonelli leitet, in einem 13.2.2013 versandten Info-Newsletter wörtlich Folgendes: “Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte aus gegebenem Anlass die ethischen Richtlinien für eine Abgabe der „Pille danach“ festgehalten hat. In einer Erklärung (online, 31.1.2013) stellte Meisner klar, dass die Einnahme bzw. die Verabreichung eines Medikaments, das frühabtreibend wirkt, moralisch unerlaubt ist, da es sich dabei um unerlaubte Tötung menschlichen Lebens handle. Wenn eine „Pille danach“ dagegen die Befruchtung der Eizelle verhindert, ist dies im Fall einer Vergewaltigung sittlich erlaubt. IMABE begrüßt die klare und eindeutige Stellungnahme des Kölner Kardinals.” Meisners Erklärung war aber weder klar noch eindeutig, sonst wäre wohl kaum allenthalben in den Medien von einem “sensationellen Kurswechsel” und ähnlichen Schlagzeilen die Rede gewesen. Außerdem erweckt seine Erklärung und erst recht jene seiner Pressestelle sehr wohl den unzutreffenden Eindruck, als gäbe es Präparate der “Pille danach”, die rein empfängnisverhütend wirken – und eben dies trifft nicht zu, wie IMABE selber zweifelsfrei analysiert hat.

Foto: Embryo – Bildquelle: Wikipedia/Ed Uthman, MD

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