„Ich bin froh, seid Ihr es auch!“
Fünf Jahre sind vergangen, seit am 2. April 2005 das Läuten einer Glocke des Petersdoms den Tod Papst Johannes Pauls II. verkündete. Fünf Jahre, seitdem das öffentliche Leiden und der Todeskampf eines Mannes, der dem leidenden Christus in aller Entschiedenheit nachfolgen wollte, in seinem Heimgang vollendet wurden. Mit Papst Johannes Paul II. starb nicht nur ein Pontifex, der die Kirche Gottes mehr als 26 Jahre lang regierte, sondern auch ein Freund der Jugend, ein demütiger Diener des Herrn, ein Mann, der große Zeichen setzte und ein Mann, der sein gesamtes Leben in die Nachfolge Jesu stellte. Ein Blick auf das Leben, Wirken und Leiden Johannes Pauls II., von Kathnews- Chefredakteur Benjamin Greschner.
Auf dem Weg zum Priesteramt
Wer war Johannes Paul II.? Wer war dieser Mensch, der 1978 als erster nicht-italienische Papst seit Hadrian VI. und erster Slawe seit Bestehen der Kirche den Thron Petri bestieg? Geboren wurde Johannes Paul II. als Karol Józef Wojtyła am 18. Mai 1920 in der polnischen Stadt Wadowice, nordöstlich von Krakau. In Wadowice leben heute circa 19.000 Menschen. Die Stadt liegt in der Woiwodschaft Kleinpolen. Karol Wojtyła erblickte als Sohn des Schneiders Karol Wojtyła und dessen Frau Emilia Wojtyła das Licht der Welt. Sein Vater war zuvor Unteroffizier der kaiserlich-königlichen Armee Österreich-Ungarns. Bereits mit neuen Jahren musste der kleine Karol einen herben Schicksalsschlag verkraften, als seine geliebte Mutter Emilia verstarb. Nur wenige Jahre darauf verstarb auch sein älterer Bruder Edmund. Ab 1930 besuchte Karol Wojtyła das Gymnasium, bevor er sich 1938 zum Studium der Philosophie und polnischen Literatur an der Universität Krakau einschrieb.
Schon bald darauf wurde die Universität nach dem Überfall deutscher Truppen auf Polen durch die deutsche Besatzungsmacht geschlossen, die Professoren wurden inhaftiert. Karol Wojtyła setzte seine Studien in den Folgejahren im Untergrund. Zwischenzeitlich wurde Wojtyła durch die deutsche Besatzungsmacht zur Zwangsarbeit in einem Steinbruch gezwungen. 1942 entschloss er sich, Priester zu werden und trat in das geheime Priesterseminar der Erzdiözese Krakau ein. Bis zum Ende des II. Weltkrieges im mai 1945 fand er mit einigen anderen Seminaristen Zuflucht in der erzbischöflichen Residenz des Erzbischofs von Krakau. Im November 1946 empfing Karol Wojtyła das Sakrament der Priesterweihe. Anschließend setzte er seine theologischen und philosophischen Studien am Angelicum in Rom fort, wo er neben eine philosophische Promotion erlangte.
Nach Beendigung seiner weiterführenden Studien wirkte Wojtyła als Kaplan in Niegowic bei Gdów, bevor er 1949 auch seine theologische Promotion fertigstellte. Aufgrund seiner bedeutenden wissenschaftlichen Leistungen ereilte ihn zu Beginn der 1950er Jahre ein Ruf an die Universität Krakau, wo er fortan Moraltheologie lehrte. Ab 1954 lehrte er Philosophie und Sozialethik an der katholischen Universität in Lublin.
Zu höherem bestimmt
Bereits 1958 war klar: Karol Wojtyła, der bescheidene Priester aus dem südpolnischen Städtchen Wadowice war zu höherem bestimmt. Am 28. September empfing er von Erzbischof Eugeniusz Baziak von Krakau das Sakrament der Bischofweihe. Fortan war Wojtyła Weihbischof in Krakau und Titularbischof von Ombi. Der Sitz der Titulardiözese Ombi liegt in der ägyptischen Stadt Kom Ombo. Wenige Jahre später, am 13. Januar 1964, wurde Karol Józef Wojtyła zum Erzbischof von Krakau ernannt. Bereit in dieser Zeit erlebte Erzbischof Wojtyła einige Konfrontationen mit dem kommunistischen Regime. So beharrte der Erzbischof beispielsweise auf den Bau einer Kirche in einer neugegründeten Arbeitersiedlung und zeigte sich auch in seinen Predigten als unerschrockenen Kämpfer gegen das kommunistische Regime – eine Entschlossenheit, die Jahrzehnte später eine entscheidende Rolle für die Zukunft einer Nation, gar eines ganzen Kontinents, spielen sollte. Bereits im Folgejahr wurde Erzbischof Wojtyła durch Papst Paul VI. in den Kardinalsstand erhoben. Als Kardinalpriester wurde ihm die römische Titelkirche San Cesareo in Palatio zugewiesen.
Als Papst Paul VI. am 6. August 1978 in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo verstarb, versammelten sich kurze Zeit darauf die wahlberechtigten Kardinäle in Rom, um aus ihren Reihen einen Nahfolger zu wählen. Das Konklave fand vom 25. August bis 26. August 1978 in der Sixtinischen Kapelle statt und war für Kardinal Karol Józef Wojtyła das erste Konklave, an dem er als Kardinal der römischen Kirche teilnehmen durfte. Im Verlauf des Konklaves wählten die Kardinäle den Patriarchen von Venedig, Kardinal Albino Luciani, zum Nachfolger des Apostelfürsten Petrus. Luciani gab sich nach erfolgter Papstwahl den Namen Johannes Paul I. Nur 33 Tage nach seiner Papstwahl verstarb Johannes Paul I. im Apostolischen Palast in der Vatikanstadt.
Erste Jahre in den Schuhen des Fischers
Nach dem Tod Johannes Pauls I. versammelten sich die Kardinäle vom 14. Oktober bis zum 16. Oktober 1978 erneut in Rom, um erneut zur Papstwahl zu schreiten. Insgesamt nahmen 111 wahlberechtigte Kardinäle am Konklave des Oktobers 1978 teil. Es brauchte vier Tage und acht Wahlgänge, bis die auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen das Zeichen der erfolgreichen Papstwahl bejubeln konnten: weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle. Als Würdigung gegenüber seinem so plötzlich verstorbenen Vorgänger gab sich Karol Wojtyła den Papstnamen Johannes Paul II. Im März 1979 veröffentlichte Papst Johannes Paul II. seine Antrittsenzyklika Redemptor Hominis, die erste von insgesamt vierzehn Enzykliken seines Pontifikates.
Bereits 1981, vier Jahre nach seiner Wahl zum Oberhaupt der Weltkirche, sollte es zu einem Ereignis kommen, dass das weitere Leben und Handeln Johannes Pauls II. massiv prägen sollte. Am 13. Mai 1981, dem Fatima-Tag, verübte der türkische Terrorist Mehmet Ali Ağca ein Attentat auf den Pontifex, indem er mehrmals auf das Kirchenoberhaupt schoss. Drei Kugeln verletzten den Heiligen Vater dabei lebensgefährlich. Er wurde umgehend in die römische Gemelli-Klinik gebracht, wo eine Notoperation durchgeführt werden musste. Es dauerte mehr als 20 Tage bis Johannes Paul II. die Klinik wieder verlassen konnte. Ein Jahr später, bei einer Pilgerreise nach Fatima, kam es erneut zu einem gefährlichen Zwischenfall. Hier versuchte ein verwirrter Priester den Papst mit einem Bajonett zu attackieren, konnte jedoch durch die Leibwächter des Papstes überwältigt werden.
Der reisende Papst
Papst Johannes Paul II. wurde schon zu Lebzeiten als “Reisepapst” bezeichnet. In den 26 Jahren seiner Regierung bereiste der Pontifex bei 104 Auslandsreisen insgesamt 127 Nationen. Vielerorts nannte man ihn aufgrund seiner zahlreichen Pastoralbesuche den „Eiligen Vater“, in Anlehnung an seinen eigentlichen Titel „Heiliger Vater“. In diesem Zusammenhang sollte man erwähnen, dass Papst Johannes Paul II. mehr Auslandsreisen entrat, als alle seine Vorgänger zusammen. Kein Papst der Kirchengeschichte war weltweit in dem Maße präsent, wie Johannes Paul II. Auch die Bundesrepublik Deutschland besuchte Papst Johannes Paul II. mehrmals. Seine erste Deutschlandreise trat er 1980 an, weitere Reisen folgten 1987 und 1996. Eine weitere Deutschlandreise, die anlässlich des XX. Weltjugendtages im August 2005 nach Köln geplant war, konnte Johannes Paul II. nicht mehr antreten. Weitere von Johannes Paul II. bereiste Staaten waren die Dominikanische Republik, Mexiko, die Bahamas, Pakistan, die Philippinen, Frankreich, Madagaskar, Réunion und viele weitere Nationen. Zu den bedeutendsten Reisen zählen Johannes Pauls Pastoralreisen in seine polnische Heimat sowie seine Reise nach Kuba und der Besuch in Rumänien. Seine letzte Auslandsreise führte den Pontifex im August 2004 in den französischen Marien-Wallfahrtsort Lourdes.
Ein Mann, der Europa prägte
Bereits in seiner zeit als einfacher Kaplan in seiner polnischen Heimat war Wojtyła ein entschiedener Gegner des Kommunismus. Diese Anti-Kommunistische Überzeugung sollte nun maßgeblich dazu führen, dass das polnische Volk den Kommunismus niederringt um endlich in Freiheit leben zu können. Bei seiner ersten Polenreise im Jahr 1979 war schnell klar, dass Johannes Paul II. für seine polnischen Landsleute ein großer Hoffnungsträger war. In ihm sahen sie eine Persönlichkeit, die in der Lage war, das Unrecht, dass das kommunistische Regime über ihre polnische Heimat gebracht hatte, endgültig zu beenden. Im Januar 1981 empfing Papst Johannes Paul II. eine Delegation der polnischen Gewerkschaft Solidarność im Apostolischen Palast. Mitglied dieser Delegation war auch Lech Wałęsa, damaliger Anführer der Gewerkschaft und späterer Staatspräsident Polens.
Bei seiner zweiten Polenreise im Jahr 1983 fand Johannes Paul II. erneut scharfe Worte und forderte die Einführung und Beachtung der Menschenrechte in seiner polnischen Heimat. Gleichzeitig fand ein erneutes Treffen mit Lech Wałęsa statt. Inzwischen war die Gewerkschaft Solidarność bereits verboten worden. 1987 reiste er erneut nach Polen und übte scharfe Kritik am Verbot der Gewerkschaft. Der unermüdliche Einsatz Johannes Pauls II. für das polnische Volk und seine wohlwollende Unterstützung der Gewerkschaft Solidarność wahren wichtige Indikatoren, damit es zu den revolutionären Ereignissen von 1980 bis 1989 kommen konnte. Am 4. und 18. Juni 1989 wurden im Ostblock erstmals freie Wahlen durchgeführt, in deren Folge die kommunistischen Machthaber abgesetzt wurden. Michael Gorbatschow, ehemaliger Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und Präsident der Sowjetunion, schrieb in seinen Memoiren, dass die Geschehnisse in Osteuropa ohne Johannes Paul II. nicht möglich gewesen wären.
Leiden und Sterben
Über viele Jahre hinweg verschlechterte sich der Gesundheitszustand Johannes Pauls II. massiv. So musste sich das Kirchenoberhaupt schon in den 1990er Jahren zahlreichen Operationen unterziehen. Insgesamt wurde der Papst im Verlauf seiner Regierungszeit mehr als zehn Mal stationär in der römischen Gemelli-Klinik behandelt. Besonders in den letzten Jahren seines Pontifikates wurde Papst Johannes Paul II. als „leidender Papst“ wahrgenommen. Vor allem durch seine Parkinson-Erkrankung litt der Pontifex mit zunehmendem Alter unter Lähmungserscheinungen. Auch wen in den Medien oft über einen Rücktritt Johannes Pauls II. aus gesundheitlichen Gründen spekuliert wurde, lehnte er diese Option stets ab und verwies darauf, dass Christus selbst auch nicht vom Kreuze herabgestiegen sei.
Zu Beginn des Jahres 2005 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Papstes dramatisch. Im Februar wurde er mit einer schweren Kehlkopfentzündung und unter Atemnot leidend in die Gemelli-Klinik eingeliefert. Zwischenzeitlich konnte er das Klinikum verlassen, musste jedoch Ende Februar erneut in das Krankenhaus eingeliefert werden. Er wurde operiert, ein Luftröhrenschnitt wurde gesetzt. Im März kehrte der Pontifex in den Vatikan zurück, konnte allerdings aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr an den Feierlichkeiten zum heiligen Osterfest teilnehmen. Am Ostersonntag, 27. März 2005 spendete Papst Johannes Paul II. stumm den apostolischen Segen „Urbi et Orbi“. Weltweit lösten die Bilder des schmerzverzerrten, leidenden Papstes Bestürzung und Mitgefühl aus. Wenige Tage vergingen, bis Johannes Paul II. am Samstag, 2. April 2005 um 21:37 Uhr im Apostolischen Palast verstarb.
Dieser Artikel wurde erstmals am fünften Todestag Johannes Pauls II. veröffentlicht und erscheint heute aus gegebenem Anlass erneut.