„Gott erhalte, Gott beschütze unsern Kaiser, unser Land!“
Wien (kathnews). Am heutigen Nachmittag fand im Stephansdom in Wien das feierliche Pontifikalrequiem für Erzherzog Otto von Österreich statt. Zu Beginn der Liturgie, deren Hauptzelebrant der Wiener Erzbischof Kardinal von Schönborn war, wurde von Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, Apostolischer Nuntius in Österreich, ein Beileidstelegramm des Heiligen Vaters verlesen. Der Papst bezeichnet den verstorbenen Erzherzog darin als einen „Zeugen der wechselvollen Geschichte Europas“. Weiter heißt es in dem päpstlichen Schreiben über den Erzherzog: „In Verantwortung vor Gott und im Bewusstsein eines bedeutenden Erbes hat er sich als grosser Europäer unermüdlich für den Frieden, das Miteinander der Völker und eine gerechte Ordnung auf diesem Kontinent eingesetzt. Gott, der Herr, möge ihm sein vielfältiges Wirken zum Wohle der Menschen reichlich lohnen und schenke ihm das Leben in Fülle in seinem himmlischen Reich.“
In seiner Predigt ging Kardinal von Schönborn insbesondere auf die Seligpreisungen Jesu Christi und deren Bezug zum Leben des Verstorbenen ein. Er betonte, dass keine der Seligpreisungen für das Leben Ottos von Österreich von so großer Bedeutung gewesen sei, wie das Wort Jesu „Selig die Friedensstifter“. Kardinal von Schönborn beendete seine Predigt mit sehr persönlichen Worten an den Verstorbenen: „Vergelt´s Gott, Hoher Herr! Vergelt’s Gott, du großer Heimgekehrter! Vergelt´s Gott, du treuer Diener! Geh ein in die Freude deines Herrn.“ An die Predigt schlossen sich die Fürbitten an, die von den sieben Kindern Ottos von Österreich, Erzherzog Karl, Erzherzog Georg, Erzherzogin Andrea, Erzherzogin Monika, Erzherzogin Michaela, Erzherzogin Gabriela und Erzherzogin Walburga, vorgetragen wurden. Kardinal Schönborn und die Konzelebranten trugen während des Requiems liturgische Gewänder aus der Zeit der Donaumonarchie. Der Kardinal verwendete dabei einen Hirtenstab, den der selige Kaiser Karl, der Vater des verstorbenen Erzherzogs, gestiftet hatte.
Im Anschluss an die feierliche Liturgie erklang im Stephansdom die einstige Hymne Österreich-Ungarns: „Gott erhalte, Gott beschütze unsern Kaiser, unser Land!“. Der Kondukt, ein traditioneller Trauermarsch, setzte sich nach der Hymne in Bewegung. Voran schritten Soldaten des österreichischen Bundesheeres, gefolgt von unzähligen Abordnungen von Traditionsverbänden, Ordensgemeinschaften, Rittern, Mitgliedern des Adels und der kaiserlichen Familie. Vom Stephansdom führte der Trauermarsch durch die Wiener Innenstadt, vorbei an geschichtsträchtigen Orten, wie der Staatsoper und der Hofburg, der einstigen Residenz der kaiserlichen Familie, hin zur Kapuzinerkirche, in deren Gruft seit Jahrhunderten die Mitglieder des Erzhauses bestattet werden.
An der Kapuzinerkirche angekommen klopfte der Zeremonienmeister dreimal gegen das Tor der Kirche und ein Kapuzinerpater stellte die traditionelle Frage: „Wer begehrt Einlass?“ Der Zeremonienmeister antwortete ihm daraufhin: „Otto von Österreich, einst Kronprinz von Österreich-Ungarn, königlicher Prinz von Ungarn und Böhmen, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien, Großherzog von Toskana und Krakau, Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina, Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren, Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara, gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz und Gradisca, Fürst von Trient und Brixen, Markgraf von Ober- und Niederlausitz und in Istrien, Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc., Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark, Großwojwode der Wojwodschaft Serbien., etc., etc.“ Hierauf entgegnete der Kapuzinerpater: „Wir kennen ihn nicht!“ Folglich klopfte der Zeremonienmeister erneut dreimal gegen das verschlossene Tor der Kapuzinerkirche, und bat um Einlass für den Verstorbenen. Es folgte die erneute Frage des Priesters: „ Wer begehrt Einlass?“Die Antwort des Zeremonienmeisters lautete dieses Mal: „Dr. Otto von Habsburg, Präsident und Ehrenpräsident der Paneuropa-Union, Mitglied und Alterspräsident des Europäischen Parlamentes, Ehrendoktor zahlreicher Universitäten und Ehrenbürger vieler Gemeinden in Mitteleuropa, Mitglied ehrwürdiger Akademien und Institute, Träger hoher und höchster staatlicher und kirchlicher Auszeichnungen, Orden und Ehrungen, die ihm verliehen wurden in Anerkennung seines jahrzehntelangen Kampfes für die Freiheit der Völker, für Recht und Gerechtigkeit.“
Auch nach dieser Antwort blieb das Tor verschlossen. Der Zeremonienmeister klopfte ein letztes Mal gegen das Tor und verlangte somit Einlass für den verstorbenen Otto von Österreich. Erneut fragte der Kapuziner: „ Wer begehrt Einlass?“, worauf ihm der Zeremonienmeister antwortete: „Otto – ein sterblicher, sündiger Mensch!“. In Folge dieser Antwort wurde die Türe der Kapuzinerkirche geöffnet und der Sarg mit den sterblichen Überresten des Erzherzogs Otto konnte in die Kirche getragen werden. Dieses Zeremoniell will verdeutlichen, dass vor Gott weder Titel noch Ehrungen, sondern nur das persönliche Leben, der Glaube und gute Werke zählen und dass jeder Mensch auf die Barmherzigkeit Gottes angewiesen ist. An dieser Stelle endete die Trauerzeremonie für die zahlreichen Gäste und Schaulustigen, da die Teilnahme an der eigentlichen Beisetzung in der Kapuzinergruft nur den engsten Familienmitgliedern vorbehalten ist. Ab Sonntagnachmittag werden die Särge des Kaisersohnes und seiner Gemahlin der Öffentlichkeit zugänglich sein.
gloria.tv-Videolink: Sehen Sie hier die Kaiserhymne aus dem heutigen Requiem