Gaudium et spes. Artikel 34

Der Wert des menschlichen Schaffens.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 15. Juni 2013 um 12:27 Uhr
Vaticanum II, Konzilseröffnung

Einleitung von Gero P. Weishaupt: Das Zweite Vatikanische Konzil wollte mit seinem pastoralen Ansatz auf die Zeichen der Zeit und die Fragen des heutigen Menschen eingehen. So steht in Artikel 34 die Frage nach dem Wert des menschlichen Schaffens (Lat.: navitas) und der Bedeutung, die die Kirche dem menschlichen Fortschritt im Licht des Glaubens bemisst, im Zentrum. Die KonzilsvĂ€ter geben hierauf eine Antwort aus dem Schöpfungsglauben: Das Schaffen (navitas) und BemĂŒhen (conamen) der Menschen im Laufe der Geschichte entpringt dem Plan Gottes.

Danach ist der Mensch als Gottes Ebenbild geschaffen und berufen, die ganze Erde unter seine Herrschaft zu bringen, diese in „Heiligkeit und Gerechtigkeit“ auszuĂŒben und sich und die Welt in Beziehung zu Gott, dem Schöpfer, zu setzen. Diese Unterwerfung in Hinordnung auf Gott konkretisiert sich im Leben des Alltags: in Ehe und Familie, in Beruf und Wissenschaft, in Verwaltung und Technik etc. In der Sorge um das „gewöhnliche alltĂ€gliche Tun“ (opera penitus quotidiana) entfaltet sich das Werk Gottes durch die Geschichte. Hierin ist der Mensch nicht Rivale des Schöpfers (aemula Creatoris), sondern dessen Mitarbeiter. Aller Fortschritt des Menschen in der Welt muss darum im Licht des Glaubens als ein Sichtbarwerden der GrĂ¶ĂŸe Gottes selbst und als ein Beitrag menschlicher Verantwortlichkeit fĂŒr die Welt gesehen werden. Der Eigenwert menschlichen Schaffens vor allem auch in Technik und Naturwissenschaft, den das Konzil in Gaudium et spes wĂŒrdigt und anerkennt, findet seine BegrĂŒndung ausschließlich im Menschen als Ebenbild Gottes und in der Ausrichtung seines Tuns auf Gott als den Schöpfer aller Dinge.

Gaudium et spes. Artikel 34

„Eines steht fĂŒr die Glaubenden fest: das persönliche und gemeinsame menschliche Schaffen, dieses gewaltige BemĂŒhen der Menschen im Lauf der Jahrhunderte, ihre Lebensbedingungen stets zu verbessern, entspricht als solches der Absicht Gottes. Der nach Gottes Bild geschaffene Mensch hat ja den Auftrag erhalten, sich die Erde mit allem, was zu ihr gehört, zu unterwerfen, die Welt in Gerechtigkeit und Heiligkeit zu regieren und durch die Anerkennung Gottes als des Schöpfers aller Dinge sich selbst und die Gesamtheit der Wirklichkeit auf Gott hinzuordnen, so daß alles dem Menschen unterworfen und Gottes Name wunderbar sei auf der ganzen Erde. Das gilt auch fĂŒr das gewöhnliche alltĂ€gliche Tun; denn MĂ€nner und Frauen, die, etwa beim Erwerb des Lebensunterhalts fĂŒr sich und ihre Familie, ihre TĂ€tigkeit so ausĂŒben, daß sie ein entsprechender Dienst fĂŒr die Gemeinschaft ist, dĂŒrfen ĂŒberzeugt sein, daß sie durch ihre Arbeit das Werk des Schöpfers weiterentwickeln, daß sie fĂŒr die Wohlfahrt ihrer BrĂŒder sorgen und durch ihre persönliche BemĂŒhung zur geschichtlichen ErfĂŒllung des göttlichen Plans beitragen.

Den Christen liegt es deshalb fern, zu glauben, daß die von des Menschen Geist und Kraft geschaffenen Werke einen Gegensatz zu Gottes Macht bilden oder daß das mit Vernunft begabte Geschöpf sozusagen als Rivale dem Schöpfer gegenĂŒbertrete. Im Gegenteil, sie sind ĂŒberzeugt, daß die Siege der Menschheit ein Zeichen der GrĂ¶ĂŸe Gottes und die Frucht seines unergrĂŒndlichen Ratschlusses sind. Je mehr aber die Macht der Menschen wĂ€chst, desto mehr weitet sich ihre Verantwortung, sowohl die der Einzelnen wie die der Gemeinschaften. Daraus wird klar, daß die christliche Botschaft die Menschen nicht vom Aufbau der Welt ablenkt noch zur VernachlĂ€ssigung des Wohls ihrer Mitmenschen hintreibt, sondern sie vielmehr strenger zur BewĂ€ltigung dieser Aufgaben verpflichtet.“

Foto: KonzilsvĂ€ter – Bildquelle: Peter Geymayer / Wikipedia

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