Gaudium et spes. Artikel 15

Die Würde der Vernunft, die Wahrheit und die Weisheit.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 23. Februar 2013 um 14:29 Uhr
Vaticanum II, Konzilsväter

Einleitung von Gero P. Weishaupt:

In Fortführung ihrer anthropologischen Darlegungen erinnern die Konzilsväter in Artikel 15 von Gaudium et spes an die drei Stufen der Erkenntnis durch die Vernunft des Menschen. Diese hat teil „am Licht des göttlichen Geistes“ (divinae mentis lumen participans). Sie ist Grundlage für die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Menschen. Dennoch bleibt menschliche Erkenntnis nicht auf die Phänomene und die Erkenntnisse der empirischen Wissenschaften beschränkt, sondern vermag zum Sein der Dinge selber vorzudringen. Hier ist die Rede von der metaphysischen Erkenntnis: Der Mensch „vermag geistig-tiefere Strukturen der Wirklichkeit mit wahrer Sicherheit zu erreichen“, wenngleich die Fähigkeit dazu durch die Folgen der Erbsünde geschwächt ist. Die höchste Stufe „der Vernunftnatur der menschlichen Person ist die Weisheit“. Diese vermag die Kräfte des Universums, der wissenschaflichen Resultate und aller anderen Erkenntnisse zu ordnen. Vor dem Hintergrund technischer Möglichkeiten in der Welt von heute, z. B. in der Biotechnologie, wird verständlich, wenn die Konzilsväter auf die Notwendigkeit der Weisheit gerade in unserer Zeit hinweisen, „damit humaner wird, was Neues vom Menschen entdeckt wird“.

Gaudium et spes. Artikel 15

„In Teilnahme am Licht des göttlichen Geistes urteilt der Mensch richtig, daß er durch seine Vernunft die Dingwelt überragt. In unermüdlicher Anwendung seiner Geistesanlagen hat er im Lauf der Zeit die empirischen Wissenschaften, die Technik und seine geistige und künstlerische Bildung sehr entwickelt. In unserer Zeit aber hat er mit ungewöhnlichem Erfolg besonders die materielle Welt erforscht und sich dienstbar gemacht. Immer jedoch suchte und fand er eine tiefere Wahrheit. Die Vernunft ist nämlich nicht auf die bloßen Phänomene eingeengt, sondern vermag geistig-tiefere Strukturen der Wirklichkeit mit wahrer Sicherheit zu erreichen, wenn sie auch infolge der Sünde zum Teil verdunkelt und geschwächt ist. Die zuerstrebende Vollendung der Vernunftnatur der menschlichen Person ist die Weisheit, die den Geist des Menschen sanft zur Suche und Liebe des Wahren und Guten hinzieht und den durch sie geleiteten Menschen vom Sichtbaren zum Unsichtbaren führt.

Unsere Zeit braucht mehr als die vergangenen Jahrhunderte diese Weisheit, damit humaner wird, was Neues vom Menschen entdeckt wird. Es gerät nämlich das künftige Geschick der Welt in Gefahr, wenn nicht weisere Menschen entstehen. Zudem ist zu bemerken, daß viele Nationen an wirtschaftlichen Gütern verhältnismäßig arm, an Weisheit aber reicher sind und den übrigen hervorragende Hilfe leisten können. Dank der Gabe des Heiligen Geistes kommt der Mensch im Glauben zu Erkenntnis und innerem Einverständnis des Geheimnisses des göttlichen Ratschlusses.“

Foto: Konzilsväter – Bildquelle: Lothar Wolleh / Wikipedia

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