„Forderungen nicht mit dem Glauben vereinbar“

Professor Manfred Hauke über das Memorandum „Kirche 2011“.
Erstellt von am 17. Februar 2011 um 07:43 Uhr

Lugano/Washington (kathnews). Das „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“ und die in Deutschland stattfindende Diskussion über die priesterliche Ehelosigkeit und das Festhalten an der kirchlichen Lehre werden weltweit medial verfolgt. Aus diesem Anlass führte die „Washington Times“ kürzlich ein Interview mit dem Dogmatiker Professor Manfred Hauke. Die Antworten des Theologen erschienen in der „Washington Times“ allerdings nur auszugsweise, was zu Missverständnissen führen könnte. Kathnews dokumentiert daher exklusiv das Interview mit Professor Manfred Hauke in einer deutschen Übersetzung.

Wie ist Ihre Reaktion auf die Unterschriftensammlung „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“? Wieso haben Sie es nicht unterschrieben?

Prof. Manfred Hauke: Das Memorandum erhebt Forderungen, die mit dem Glauben und der Moral der Kirche nicht vereinbar sind. Nach der Heiligen Schrift und der Überlieferung der Kirche ist die gültig geschlossene Ehe unter Christen unauflöslich. Wer seinen Ehepartner verlassen hat und zu dessen Lebzeiten jemand anders heiratet, begeht nach den Worten Jesu Ehebruch (vgl. Markus 10,11-12 etc.). Gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen gelten schon in der Bibel als Perversion, die das Gericht Gottes nach sich zieht (vgl. Römer 1,25-27; 1 Korinther 6,10 etc.). Die Theologen des Memorandums erheben Forderungen, die bereits bei liberalen protestantischen Denominationen verwirklicht sind. Am besten sollten sie zum Protestantismus übertreten. Sie bringen keinen Aufbruch, sondern einen Abbruch des katholischen Glaubens.

Ist die Kirche in Deutschland in einer Krise? Wenn ja, warum?

Prof. Manfred Hauke: Die Kirche in Deutschland steckt in einer tiefen Krise. Schuld daran ist die Mentalität einer Wohlstandsgesellschaft, die ihren geistigen Schwung verloren hat. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil haben viele katholische Christen den Fortschritt der Kirche darin gesehen, sich „der Welt“ anzupassen. Dabei wurde nicht ernst genommen, dass die Welt nach den Hinweisen der Heiligen Schrift unter dem Einfluss der Sünde steht und der Bekehrung bedarf. Fatal war auch ein falsches Verständnis der Ökumene: anstatt die anderen Christen den ganzen Glaubensschatz der Kirche entdecken zu lassen, haben viele Theologen die Einheit der Christen darin gesucht, sich auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenzufinden. Die Verantwortlichen der Kirche, vor allem viele Bischöfe, haben sich Jahrzehnte lang verhalten wie ein Computernutzer, der kein Antivirusprogramm installiert hat. Jetzt sind, im Bilde gesprochen, die „Viren“ dabei, den Computer zu verwüsten. Die Krise der Kirche ist vor allem eine Krise der Bischöfe, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen.

Immer mehr Kirchenmitglieder verlassen die Kirche, und es gibt derzeit einen Mangel an Priestern. Wie sollte die Kirche damit umgehen?

Prof. Manfred Hauke: Es gibt nicht nur einen Priestermangel, sondern zunächst einmal einen Mangel an Gläubigen: nur noch ungefähr 11 Prozent der Katholiken Deutschlands besuchen sonntags regelmäßig die Messfeier. Gemessen an der Zahl der praktizierenden Katholiken, hat die Zahl die Priester in den letzten Jahrzehnten nicht abgenommen. Wie die Kirche die Krise überwinden kann, zeigen die neuen geistlichen Bewegungen: dort gibt es zahlreiche Bekehrungen und viele Berufungen für das Priesteramt und das Ordensleben. Wenn die katholische Kirche in Deutschland sich von dieser Begeisterung anstecken lässt, kann sie die Krise überwinden.

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