Die missio canonica als Qualitätsgarantie der Verkündigung

In vielen Pfarreien und kirchlichen Einrichtungen sind Pastoralassistenten eingesetzt, um den Geistlichen hilfreich zur Seite zu stehen und ihnen, wo nötig, zu assistieren. Auch in den Schulen und kirchlichen Bildungseinrichtungen stellen Laienkatecheten den überwiegenden Anteil der Lehrpersonen – unterrichtende Priester und Nonnen sind mittlerweile leider die große Ausnahme geworden.
Der Geistlichkeit kommt kraft ihres sakramentalen Weiheamtes auch der Lehr- und Leitungsauftrag zu. Sie sind die ersten Katecheten, welche ihr Lehramt aus der Teilhabe am Priestertum her ableiten, ebenso wie die Leitungsaufgaben den Geistlichen kraft sakramentaler Verfügung zukommen und diese letztlich nicht delegierbar sind, was aber nicht bedeutet daß sich der Amtsträger in gewissen Bereichen assistieren lassen kann und darf, ohne jedoch dabei seine aus der Weihe kommenden Vollmachten zu übertragen. (Diesbezüglich wäre im Übrigen auch die de facto vorliegende Funktion mancher Pfarrgemeinderäte neu zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.)
Da Laien durch die ihnen übertragenen Aufgaben auch den Bereich der Lehre berühren, sowie in ihrer alltäglichen Arbeit die Kirche auch nach außen hin vertreten (es werden Rückschlüsse gezogen und Kirchenbilder geprägt), schien es der Kirche angebracht, der Arbeit von Religionslehrern und Pastoralassistenten, sowie allen die im Namen der Kirche sprechen und so Verkündigung betreiben mit einer offiziellen Sendung zu versehen.
Diese Sendung hat einen zweifachen Charakter, nämlich einen liturgischen sowie einen kanonischen. Eine Missio canonica ist nicht einfach eine schöne Feier, sie ist auch nicht dazu da den zu Sendenden ins Rampenlicht zu stellen, sondern sie macht in ihrer liturgischen Ausfaltung klar, daß die Aufgaben welche der zu Sendende übernimmt keine persönlichen Beliebigkeiten zuläßt, sondern durch die Kirche konditioniert sowie öffentlich sind. In der kanonischen Ausfaltung, welche mittels Dekret erfolgt, wird das, was im Liturgischen seinen Ausdruck findet seitens des Gesandten als schwere Verpflichtung übernommen. Der Gesandte verpflichtet sich also auf die Lehre und die Praxis der Kirche.
Die Mission canonica hat dabei einen doppelten Aspekt:
Der Gesandte macht sich die Lehre der Kirche zu eigen
Ein erster Aspekt bezieht sich auf das eben Gesagte: es betrifft den der sich die Sendung erteilen läßt, indem er sich als Gesandter in den Dienst des Sendenden stellt. Diese Art der Indienstnahme ist sicherlich weniger umfassend als jene einer Weihe weil sie Privaträume läßt und nicht das gesamte Leben beansprucht. Dennoch ist es aber keine Indienstnahme welche sich mit Arbeitszeiten begrenzen läßt, sondern sie erstreckt sich auf all jene Bereiche, welche die kirchliche Lehre und Disziplin in irgendeiner Weise berühren.
Sie setzt die Bereitschaft voraus, der Kirche gegenüber Loyal und ergeben zu sein, ihre Lehren unverkürzt zu vertreten und nicht gegen sie zu agieren. Es würde keinen Sinn ergeben würde man sich zu etwas senden lassen, was man inhaltlich eigentlich nicht teilt. Wo die hierarchische Kirche und das Lehramt als Gegenüber aufgefaßt werden, mangelt es an einem sensus communis, welcher eine wesentliche Grundlage für einen gedeihlichen Verkündigungsdienst bildet und ohne den es mehr zu Schaden als zu Nutzen kommt.
Niemand wird gezwungen für die Kirche zu arbeiten, doch wer dies tun will ist, wie überall, an bestimmte Grundvoraussetzungen gebunden. Wer also für die Kirche arbeiten möchte, tut dies freiwillig und ist daher auch freiwillig bereit, die Lehre der Kirche zu vertreten. Man kann nicht für etwas arbeiten, wogegen man eigentlich ist. Durch das Faktum, daß sich jemand von der Kirche senden läßt um für diese zu arbeiten und ihre Lehre zu verkünden sagt diese Person aus, sich mit der Kirche und ihrer Lehre zu identifizieren, diese und nichts anderes fördern zu wollen und der Kirche treu und loyal ergeben zu sein.
Die Kirche bestätigt durch die Missio die kirchliche und lehrkonforme Haltung des zu Sendenden
Ein zweiter Aspekt bezieht sich auf die Kirche selbst. Ihre Sendung soll dem gläubigen Volk als Qualitätssiegel gelten können, daß der Gesandte auch wirklich die authentische Lehre der einen Kirche Jesu Christi vertritt, dieser loyal ergeben ist und somit auch als vertrauenswürdig gilt. Durch die Erteilung der Missio erklärt die Kirche also auch den Gläubigen, daß sie der Überzeugung ist, der Kandidat habe dieselben Überzeugungen als sie selbst, sie versichert daß die jeweilige Person, soweit es der Kirche zu erkennen freilich möglich ist, die Lehre der Kirche zueigen gemacht hat und dasselbe verkündet als es auch die Kirche tut. Nur so kann Verkündigung überhaupt funktionieren, denn würde jeder erklären was er aus sich selbst heraus erdacht hat oder für richtig hält, würde der verbindende gemeinsame Glaube der Kirche sich auflösen und somit auch die kirchliche Gemeinschaft zerfallen, sowohl jene untereinander, besonders aber jene mit Gott.
Deshalb muß die Kirche prüfen, urteilen und erst dann kann die missio canonica erteilt werden. Sie darf nicht zu einer reinen Formalität verkommen, bzw. wo dies bereits geschehen ist muß dieser Tendenz wieder Einhalt geboten werden.
Die Praxis ist zu überdenken
In der Praxis sieht es so aus, daß die missio canonica vielfach gleichsam automatisch erteilt wird. Das hat unter anderem darin seinen Grund, daß ein gegenteiliges Verhalten seitens des Ortsordinarius zu einem innerdiözesanen und medialen Aufschrei führen würde. Das geht jedoch zur Lasten der Gläubigen, für welche die erteilte Missio ein vertrauenswürdiges Qualitätsmerkmal mehr darstellen kann und auf Kosten der Kirche weil diese Schaden davon trägt.
Leider sagt die missio nicht mehr das aus was sie aussagen sollte, ähnlich wie auch ein Qualitätssiegel eines Käses Wert und Aussagekraft verliert, wenn auch solche Käse damit ausgezeichnet werden, die nicht den Kriterien entsprechen welche das Qualitätssiegel vorschreibt.
Da es zur Selbstverständlichkeit wurde am Ende der Ausbildung die kirchliche Sendung zu erhalten gälte es als Skandal, wenn diese Sendung einmal nicht erteilt oder entzogen würde. Doch was solch ein skandalöser Fall wäre, ist im Grunde genommen normales kirchliches Leben: can 804 §2 des CIC sagt im Bezug auf die Religionslehrer: „Der Ortsordinarius hat darum bemüht zu sein, daß sich diejenigen, die zu Religionslehrern in den Schulen, auch den nichtkatholischen, bestellt werden sollen, durch Rechtgläubigkeit, durch das Zeugnis christlichen Lebens und durch pädagogisches Geschick auszeichnen.“ Analog gilt dies auch für die Pastoralassistenten. Und in Can 805 heißt es: „Der Ortsordinarius hat für seine Diözese das Recht, die Religionslehrer zu ernennen bzw. zu approbieren und sie, wenn es aus religiösen oder sittlichen Gründen erforderlich ist, abzuberufen bzw. ihre Abberufung zu fordern.“
Es ist ein Irrtum zu glauben, ein abgeschlossenes Theologiestudium berechtige zur Ausübung kirchlicher Berufe – es befähigt zwar, jedoch entwächst daraus noch kein Recht. Erst die missio ist die Berechtigung, weshalb diese aber mit Vorsicht und Bedacht zu erteilen ist.
Es ist Eltern und Gläubigen nicht zuzumuten, in den Schulen und Pfarrgemeinden Religionslehrer und Pastoralassistenten eingesetzt zu sehen, welche gegen die Glaubenslehre, gegen die Kirche und deren Hierarchie sowie gegen das kirchliche Gesetz reden und handeln. Hier greift die Verantwortung des Diözesanbischofs, welchem die Oberaufsicht über die Reinhaltung von Lehre und Ordnung in seinem Bistum obliegt. Im letzten geht es hier um einen Schutz der Gläubigen.
Freilich ist es nicht immer vorherzusehen wie jemand sich im konkreten Betätigungsfeld verhalten wird. Aber wo Haltungen und Ansichten bekannt sind, welche nicht mit jenen der universalen Kirche übereinstimmen, darf den Gläubigen auch nicht durch einen offiziellen, rechtswirksamen Auftrag suggeriert werden, daß es sich um kirchliche Lehre handle.
Foto: Bibliothek – Bildquelle: Joe Crawford