Die Kirche betreibt nicht Mission, sie ist Mission

Das Dekret „Ad gentes“ des Zweiten Vatikanischen Konzils ĂŒber die missionarische TĂ€tigkeit der Kirche.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 18. Juni 2016 um 11:43 Uhr
Vaticanum II, Papst Paul VI.

Einleitung von Gero P. Weishaupt:

Man kann sagen: War das Konzil von Chalzedon (451) auf das gott-menschliche Geheimnis Christi gerichtet, so ging es dem Zweiten Vatikanische Konzil um das gott-menschliche Geheimnis der Kirche. War bei dem einen das Thema die Christologie, so beim anderen die Ekklesiologie. Das zentrale Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils ist daher die dogmatische Konstitution Lumen gentium. Darin haben die KonzilsvÀter das Wesen der Kirche zu beschreiben versucht und ihre Sendung in der Welt darlegen wollen. Wie in einem konzentrischen Kreis sind alle anderen Dokumente des Konzils auf die Kirchenkonstitution als deren Zentrum hingeordnet.

Das gilt folglich auch fĂŒr das Dekret Ad gentes ĂŒber die missionarische AktivitĂ€t der Kirche in der Welt von heute. Schon im ersten Satz wird das Dekret auf die Kirchenkonstitution (hier LG 48) zurĂŒckbezogen, in deren Licht es gelesen werden muss: „Zur Völkerwelt von Gott gesandt, soll die Kirche ‚das allumfassende Sakrament des Heils‘ sein.“ Damit ist ausgesagt, dass Christus seiner Kirche im Heiligen Geist gegenwĂ€rtig bleibt. Durch sie wirkt Er in der Welt. Im Kontext der missionarischen TĂ€tigkeit der Kirche heißt das, dass Christus es ist, der durch die Kirche die Schöpfung zum Ziel fĂŒhrt: die vollendete Einheit mit Gott und der ganzen Menschheit durch den VerkĂŒndigungs-, Heiligungs- und Hirtendienst“ der Kirche in ihrer Teilhabe am prophetischen, priesterlichen und königlichen Amt Christi, deren mystischer Leib die Kirche ist.

Darum hat das Konzil erneut die Mission als Kernaufgabe der Kirche herausgestellt. Die Kirche betreibt nicht nur Mission, sie ist Mission. Sie ist gesandt zu allen Völkern, um, wie es in der Einleitung des Dekretes mit Bezug auf den heiligen Augustinus heißt, das „Wort der Wahrheit“ zu verkĂŒnden und Kirchen zu zeugen. „Damit sind die beiden wesentlichen Komponenten der Missionsarbeit, WortverkĂŒndigung und Kirchenpflanzung, genannt und zugleich de christologische un ekklesiologische Aspekt der Mission zum Ausdruck gebracht. Dieser Auftrag der Ausrufung und BegrĂŒndung des Gottesreiches ist auf die Nachfolger der  Apostel ĂŒbergegangen 
 und hat so wĂ€hrende Dauer und Verpflichtung erhalten“ (Suso Brechter, LThK III, 1963, 23).

Daraus ergibt sich die Absicht der KonzilsvĂ€ter, die sie mit dem Dekret verfolgen: „die GrundsĂ€tze der missionarischen TĂ€tigkeit umreißen und die KrĂ€fte aller GlĂ€ubigen sammeln, damit das Volk Gottes, auf dem schmalen Weg des Kreuzes voranschreitend, die Herrschaft Christi des Herrn, vor dessen Augen die Jahrhunderte stehen, ausbreite und seiner Ankunft die Wege bahne“.

Text Ad gentes, Artikel 1 (Einleitung) Deutsch und Latein

 Zur Völkerwelt von Gott gesandt, soll die Kirche “das allumfassende Sakrament des Heils” sein. So mĂŒht sie sich gemĂ€ĂŸ dem innersten Anspruch ihrer eigenen KatholizitĂ€t und im Gehorsam gegen den Auftrag ihres Stifters, das Evangelium allen Menschen zu verkĂŒnden. Denn auch die Apostel, auf die die Kirche gegrĂŒndet worden ist, haben, den Spuren Christi folgend, “das Wort der Wahrheit verkĂŒndet und Kirchen gezeugt”. Pflicht ihrer Nachfolger ist es, diesem Werk Dauer zu verleihen, “damit das Wort Gottes seinen Lauf nehme und verherrlicht werde” (2 Thess 3,1) und die Herrschaft Gottes ĂŒberall auf Erden angekĂŒndigt und aufgerichtet werde.

In der gegenwĂ€rtigen Weltlage, aus der fĂŒr die Menschheit eine neue Situation entsteht, ist die Kirche, die da ist Salz der Erde und Licht der Welt, mit verstĂ€rkter Dringlichkeit gerufen, dem Heil und der Erneuerung aller Kreatur zu dienen, damit alles in Christus zusammengefaßt werde und in ihm die Menschen eine einzige Familie und ein einziges Gottesvolk bilden. Im Dank gegen Gott ob der trefflichen Arbeit, die durch den hochherzigen Einsatz der ganzen Kirche bislang vollbracht wurde, will diese Heilige Synode deshalb die GrundsĂ€tze der missionarischen TĂ€tigkeit umreißen und die KrĂ€fte aller GlĂ€ubigen sammeln, damit das Volk Gottes, auf dem schmalen Weg des Kreuzes voranschreitend, die Herrschaft Christi des Herrn, vor dessen Augen die Jahrhunderte stehen, ausbreite und seiner Ankunft die Wege bahne.

 1. AD GENTES DIVINITUS missa ut sit «universale salutis sacramentum»[1] Ecclesia ex intimis propriae catholicitatis exigentiis, mandato sui Fundatoris oboediens,[2] Evangelium omnibus hominibus nuntiare contendit. Ipsi enim Apostoli, in quibus Ecclesia est condita, vestigia Christi sequentes, «praedicaverunt verbum veritatis et genuerunt Ecclesias».[3] Eorum successorum officium est hoc opus perenne reddere, ut «sermo Dei currat et clarificetur» (II Thess. 3,1) et Regnum Dei ubique terrarum annuntietur et instauretur.

In praesenti autem rerum ordine, ex quo nova exsurgit humanitatis condicio, Ecclesia, sal terrae et lux mundi,[4] urgentius vocatur ad omnem creaturam salvandam et renovandam, ut omnia in Christo instaurentur, et in Ipso homines unam familiam unumque populum Dei constituant.

Quare haec Sancta Synodus, dum ob praeclara opera per generosam totius Ecclesiae industriam peracta Deo gratias agit, missionalis activitatis principia delineare, et vires omnium fidelium colligere cupit, ut populus Dei, per angustam viam crucis procedens, regnum Christi, Domini et conspectoris saeculorum,[5] ubique diffundat eique advenienti vias paret.

Foto: Vaticanum II, Papst Paul VI. – Bildquelle: Lothar Wolleh / Wikipedia

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