„Der Papst im Gegenwind“
(kathnews) – Blickt man zurück auf die vergangenen sechs Jahre, so scheint das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. fast ausschließlich durch Probleme und Skandale geprägt. Eben diesen Problemen und Skandalen gehen die beiden renommierten italienischen Journalisten Andrea Tornielli und Paolo Rodari, die beide zu den am besten informierten Vatikanisten der Welt gehören, in ihrem Buch „Der Papst im Gegenwind“ auf den Grund. Dem fe-medienverlag ist es zu verdanken, dass die 400 Seiten starke deutsche Übersetzung des italienischen Originals relativ zeitnah erschienen ist.
Wer die Nachrichten aus dem kirchlichen Bereich interessiert verfolgt, dem wird vieles aus „Der Papst im Gegenwind“ bekannt vorkommen. Allerdings warten die Autoren immer wieder mit Hintergrundinformationen auf, die bislang nicht in die Öffentlichkeit gedrungen waren. Im Fall Williamson etwa steuert ein Monsignore aus dem Staatssekretariat ein internes Schriftstück bei. Bei diesem Schriftstück handelt es sich um das „Protokoll einer Versammlung“ von Kardinälen und Bischöfen, die mit der Aufhebung der Exkommunikationen der vier Weihbischöfe der Piusbruderschaft zu tun hatten. Die Versammlung fand zwei Tage vor Bekanntmachung des Dekrets statt. Gleichzeitig berichteten „Der Spiegel“ und zahlreiche Nachrichtenagenturen bereits von dem Interview, in dem Bischof Williamson die Existenz von Gaskammern zur Ermordung von Juden im Dritten Reich anzweifelt. Im Protokoll des Staatssekretariats fehlt indes „jeder Hinweis auf das Interview“.
„Es genügt, die internationale Presse zu überfliegen, um zugeben zu müssen, dass der Papst angegriffen wird“, so Tornielli und Rodari in ihrem Vorwort. „Es sind Angriffe, die immer dann sofort losbrechen, wenn die negativen Vorurteile über das, was der Papst sagt oder tut, bedient werden können: Sei es, indem man bestimmte Einzelheiten hochspielt, sei es, indem man internationale ‚Fälle‘ konstruiert.“ Jener Angriff habe seinen Ursprung sowohl außerhalb als auch „oftmals“ innerhalb der Kirche.
Die Frage, ob es eine Strategie gebe, das Pontifikat des deutschen Papstes zu sabotieren, ist der Kern der Arbeit der beiden Autoren. Im letzten Kapitel lassen sie auch angesehene Historiker, ausgewiesene Vatikankenner und internationale Berichterstatter zu Wort kommen, die ihrerseits eine Einschätzung der Probleme und Skandale des Pontifikats abgeben. Tornielli und Rodari schließen: „Uns scheinen am Ende unserer Untersuchung ausreichende Belege vorhanden zu sein, die die Existenz von ‚Angriffen‘ dokumentieren, die mit Hilfe des Beispiels der drei konzentrischen Kreise […] beschrieben werden können.“
Der erste Kreis umfasse Lobbys und Machtzentren, „in deren Interessen es liegt, die Botschaft der Kirche zu schwächen, indem man sie auf die Anklagebank setzt“. Vorhanden Fakten würden hier ausgenutzt und aufgebauscht. Der zweite Kreis wird nach Einschätzung der Autoren durch kircheninterne Meinungsverschiedenheiten verkörpert. „Dieser Dissens ist dem gegenwärtigen Papst gegenüber besonders heftig.“ Der dritte Kreis beschreibe schließlich die unfreiwilligen und selbstverschuldeten „‚Anschläge‘, die auf die zahlreichen Unvorsichtigkeiten und häufigen Fehler der Mitarbeiter zurückzuführen seien“. Papst Benedikt indes richte seinen Blick – trotz aller Anfeindungen – ungetrübt auf die Realität der Kirche und auf ihr Wesen, betonen Andrea Tornielli und Paolo Rodari.
Tornielli, Andrea / Rodari, Paolo
Der Papst im Gegenwind
Was in den dramatischen Momenten des Pontifikats wirklich geschah
ISBN 978-3-86357-005-7
fe-medienverlag
gebunden, 416 Seiten
14,80 Euro