Rücktritt: Fragen und die nächsten Schritte

Erste Antworten und wie es weiter geht.
Erstellt von Radio Vatikan am 12. Februar 2013 um 08:46 Uhr
Statue des hl. Petrus

Vatikan (kathnews/RV). Der angekündigte Rücktritt Papst Benedikt XVI. wirft viele Fragen auf. Hier ein paar erste Antworten. Amtsverzicht – ein ungewöhnlicher Schritt? Nach dem Kirchenrecht kann ein Papst aus freiem Entschluss auf sein Amt verzichten. Ein Amtsverzicht führt – ebenso wie der Tod des Papstes – zur Vakanz, also Unbesetztheit, des Apostolischen Stuhls. Im Canon 332 Paragraf 2 des kirchlichen Gesetzbuches „Codex Iuris Canonici“ (CIC) heißt es: „Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch, dass er von irgendwem angenommen wird.“ Der spektakulärste Papst-Rücktritt ereignete sich 1294. Damals dankte der fünf Monate zuvor gewählte Papst Coelestin V. ab, weil er sich dem Amt nicht gewachsen fühlte. Er starb 1296 und wurde später heiliggesprochen. Mehrere Amtsverzichte von Päpsten und Gegenpäpsten gab es auch während des langen Schismas, das nach dem Rücktritt von Gregor XII. 1415 begann. In der Moderne haben Pius XII. (1939-1958), Paul VI. (1963-1978) und Johannes Paul II. (1978-2005) einen schriftlichen Amtsverzicht vorbereitet. Pius XII. wollte die Kirche damit angesichts einer drohenden Entführung durch Hitlers Truppen absichern. Paul VI. und Johannes Paul II. wollten verhindern, dass die Kirche im Fall von langer, schwerer Krankheit führungslos bliebe. Keines der geheim gehaltenen Amtsverzichts-Schreiben kam zum Einsatz.

Wie geht es nach Benedikts Rücktritt weiter? Mit Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. am 28. Februar 2013 geht die Verantwortung für die katholische Kirche auf das Kardinalskollegium über. Der Dekan des Kardinalskollegiums muss das „Interims-Kabinett der Kirche“ führen. Das Kardinalskollegium tritt während der Sedisvakanz täglich zu „Generalkongregationen“ zusammen. Bei diesen Sitzungen müssen die Formalitäten zur Einberufung des Konklaves sowie andere wichtige Probleme der Kirchenleitung erörtert werden. Aufschiebbare Fragen und erst recht Dinge, die einem Papst vorbehalten sind, dürfen in dieser Phase nicht entschieden werden. In der Zeit der Sedisvakanz, des „leeren Stuhles“, darf laut Kirchenrecht in der „Leitung der Gesamtkirche nichts geändert werden“. Nur die reguläre Verwaltung geht weiter. Fast alle Kurienchefs, darunter auch der Kardinal-Staatssekretär, verlieren ihre Ämter. Wenige Leitungsämter, etwa das des „Camerlengo“, also des Kämmerers der Kirche, sowie das des für das Buß- und Ablasswesen zuständigen Großpönitentiars oder das des Kardinalvikars für Rom, bleiben in Kraft. Auch die Sekretäre der Vatikanbehörden bleiben im Amt, um den Arbeitsbetrieb aufrecht zu erhalten. Frühestens am 15., spätestens am 20. Tag nach dem Tod eines Papstes müssen die Kardinäle zur Wahl eines Nachfolgers zusammentreten. Dieses Prozedere tritt mit dem Abend des 28. Februar 2013 ein, wenn der Rücktritt von Benedikt XVI. gültig wird. Zum Konklave werden die Kardinäle vom Dekan des Kardinalskollegiums, Kardinal Angelo Sodano, einberufen. An der Wahl in der Sixtinischen Kapelle dürfen jedoch nur die derzeit 118 Purpurträger teilnehmen, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Von ihnen kommen 61 aus Europa, 19 aus Süd- und 14 aus Nordamerika, außerdem je 11 aus Asien bzw. Afrika sowie ein Kardinal aus Ozeanien. Die größte nationale Gruppe unter den Kardinälen werden die Italiener mit 21 Personen stellen. Der zurückgetretene Papst nimmt an dem Konklave nicht teil. Pater Federico Lombardi unterstrich an diesem Montag vor der Presse, dass es angesichts der „neuen“ Situation in den kommenden Tagen verschiedene Dinge zu präzisieren gebe. Konkrete Namen nannte er nicht.

Welchen kirchenrechtlichen Status hat ein zurückgetretener Papst? Darauf konnte Pater Lombardi an diesem Montag noch keine Antwort geben – dies werde sich noch zeigen, so der Vatikansprecher bei der Pressekonferenz nach der Rücktrittserklärung des Papstes. Dass Papst Benedikt XVI. nach seinem Rücktritt den Status eines emeritierten Bischofs erhalten wird, meint der Münchner Kirchenrechtlers Stephan Haering. Offiziell gebe es aber keine eindeutige Regelung für einen emeritierten Papst, führte Haering am Montag im Münchner Kirchenradio aus. Kirchenrechtlich gesehen hätte der Pontifex noch bis zum 28. Februar Zeit, seinen Rücktritt zurückzunehmen. Haering erwartet, dass sich Benedikt XVI. nach diesem Datum ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen werde.

Findet der Weltjugendtag in Rio jetzt eigentlich ganz ohne Papst statt? Die Organisatoren des katholischen Weltjugendtags (WJT) im Juli in Rio de Janeiro rechnen fest mit der Teilnahme des im März neu zu wählenden Papstes. Das erklärte der Erzbischof von Rio, Orani Joao Tempesta, am Montagmittag (Ortszeit) in einer ersten Stellungnahme vor Journalisten. Da die Anwesenheit des Papstes bei den Weltjugendtagen eine feste Tradition sei, gehe er davon fest aus, so Tempesta. Die Rücktrittserklärung des Papstes habe die Organisatoren des WJT vollkommen unvorbereitet getroffen, so der Erzbischof. Zwar war man über den angeschlagenen Gesundheitszustand des Papstes informiert und besorgt; trotzdem habe man mit dessen Teilnahme an dem sechs Tage dauernden Treffen gerechnet. So war bereits ein Hubschrauberflug hoch zur weltberühmten Christusstatue ins päpstliche Besuchsprogramm aufgenommen worden, um Benedikt XVI. die anstrengende Besichtigung des Monuments zu erleichtern. Eventuelle Programmänderungen beim WJT aufgrund des Rücktritts von Benedikt XVI. wollte der Erzbischof nicht ausschließen. Zum Weltjugendtag, der vom 23. bis 28. Juli in Rio stattfindet, werden zwischen zwei und drei Millionen Teilnehmer erwartet.

Foto: Statue des hl. Petrus – Bildquelle: B. Greschner, kathnews

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