Kommentar zur Instruktion “Universae Ecclesiae”

13. Teil: Die Feier der drei österlichen Tage.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 3. November 2011 um 08:56 Uhr
Dr. Gero P. Weishaupt

Das Motu Proprio “Summorum Pontificum” spricht in Artikel zwei im Zusammenhang mit der “Messe ohne Volk” vom Triduum Sacrum, d.h. von den österlichen Tage, die sich von Gründonnerstag bis zur Ostervigil, dem Vorabend von Ostersonntag, erstrecken. Der Priester könne, so der päpstliche Gesetzgeber, an allen Tagen im Kirchenjahr die “Messe ohne Volk” in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus feiern “mit Ausnahme des Triduum Sacrum”. Diese Norm gilt auch für die ordentliche Form nach dem Römischen Missale von 1970. Insofern bedeutet sie keine Einschränkung der außerordentlichen Form in Bezug auf die ordentliche Form des Römischen Ritus.

Messe mit Volk

“Summorum Pontificum” sagt nichts über die Feier des Triduum Sacrum in der außerordentlichen Form in den Messen mit Volk, den Gemeindemessen. Artikel 5 des Motu Proprio normiert allgemein, dass der Pfarrer die Bitte einer dauerhaft bestehenden Gruppe von Gläubigen, die der früheren liturgischen Tradition anhängen und die heilige Messe nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Messbuch zu feiern wünschen, bereitwillig aufnehmen soll. Der Gesetzgeber schließt dabei die Feier des Triduum Sacrum nicht aus. Daraus habe ich in meinem Kommentar zum Motu Proprio folgende Schlußfolgerung gezogen:

“Der Artikel 2 legt ausschließlich die Bedingungen für die Privat- bzw. Stillmessen fest. Liturgische Feiern mit Volk in der außerordentlichen Form sind sowohl in den Pfarrgemeinden, in denen nach Artikel 5 § 1 des Motu Proprio eine dauerhafte Gruppe von Gläubigen besteht, als auch in den für traditionsverbundene Gläubige konform Artikel 10 errichteten Personalpfarreien und den nach Artikel 5 § 5 bestimmten Rektoratskirchen sowie in den Gemeinden, die von Priestern der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften seelsorglich betreut werden, am Triduum Sacrum selbstverständlich immer möglich. Auch in Gemeinschaften des Geweihten Lebens, die nach Artikel 3 von Summorum Pontificum mit Zustimmung des zuständigen höheren Oberen die außerordentliche Form des Römischen Messritus ständig begehen wollen, kann am Triduum Sacrum die Karliturgie und die Osternachtfeier in der außerordentlichen Form zelebriert werden” (Gero P. Weishaupt, Päpstliche Weichenstellungen. Das Motu Proprio Summorum Pontificum Papst Benedikts XVI. und der Begleitbrief an die  Bischöfe. Ein kirchenrechtlicher Kommentar und Überlegungen zu einer ‘Reform der Reform’, Bonn 2010, 51).

Recht der Gläubigen

Diese Interpretation findet in der Instruktion “Universae Ecclesiae” vom 30. April 2011 eine kirchenamtliche Bestätigung. Das Motu Proprio ist ein Spezialgesetz und fällt damit unter die Bestimmungen, die für alle Gesetze gelten. Eine Instruktion soll nach can. 34 CIC/1983 Gesetze “erklären und Vorgehensweisen entfalten und bestimmen, die bei der Ausführung zu beachten sind”. Im Hinblick auf das Triduum Sacrum, dass mit Teilnahme von Gläubigen nach Artikel 5 des Motu Proprio “Summorum Pontificum” gefeiert wird, erklärt und bestimmt Nr. 33 der Instruktion: “Der coetus fidelium” (die Gruppe von Gläubigen) “welcher der früheren liturgischen Tradition folgt, kann auch die drei österlichen Tage in der forma extraordinaria feiern, …”. Es fällt in dem Text übrigens auf, dass die deutsche Übersetzung im Osservatore Romanum vom 20. Mai 2011 (Nr. 20) nicht von einem Recht der Gläubigen dazu spricht, obwohl im lateinischen Originaltexte, der der einzig authentische Text ist, ausdrücklich von einem Recht der Gläubigen (Coetus fidelium … iure gaudet …)  die Rede ist.

Bedingungen für die Feier des Triduum Sacrum in der a.o. Form

Was die praktische Ausführung dieser Bestimmung angeht, legt die Instruktion zwei Bedingung fest: 1. Es muss ein geeigneter Priester vorhanden sein. 2. Für den Fall, dass “keine Kirche oder Kapelle ausschließlich für diese Gottesdienste zur Verfügung steht, sollen der Pfarrer oder der Ordinarius in Abstimmung mit dem geeigneten Priester günstige Lösungen suchen, ohne eine eventuelle Wiederholung der Gottesdienste des österlichen Triduum auszuschließen” (UE, 33).

Ein geeigneter Priester

Welcher Priester für die Feier des Triduum Sacrum nach der außerordentlichen Form geeignet ist, bestimmt sich aus den Vorgaben des Motu Proprio “Summorum Pontificum” in Verbindung mit der Instruktion “Universae Ecclesiae”. Danach muss ein Priester 1. frei sein von kirchlichen Strafen und Irregularitäten (= kirchenrechtliche Hindernisse für die Ausübung der empfangenen Weihe); 2. über die nötigen Lateinkenntnisse verfügen; 3. in der Lage sein, die Liturgie des Triduum Sacrum in der außerordentlichen Form zu feiern (SP, Art., 5 § 4 i.V.m. UE, Nr. 20). Diese Bestimmungen sind selbstverständlich und gelten ebenso für die (lateinische) Feier des Triduum Sacrum in der ordentlichen Form.

In einer für das Triduum Sacrum vorgesehenen Kirche oder Kapelle

Der Gesetzgeber geht im Zusammenhang mit der Feier des Triduum Sacrum in der außerordentlichen Form davon aus, dass hierfür eine Kirche oder Kapelle zu Verfügung gestellt ist. Dabei kann es sich um eine Kirche oder Kapelle in einem Pfarrgebiet handeln, die nicht notwendigerweise die Pfarrkirche zu sein braucht und die der zuständige Pfarrer für die Feiern in der außerordentlichen Form zu Verfügung stellt. Auch der Ordinarius kann für seine Diözese eine solche Kirche oder Kapelle bestimmen. Möglich wäre zudem die feste Bestellung eines Personalpfarrers, eines Kaplans (im strikten Sinne des Kirchenrechtes, d.h. eines für einen bestimmten Kreis von Gläubigen – im Kontext des Motu Proprio sind hier traditionsverbundene Gläubige gemeint, die der überlieferten klassischen Liturgie anhängen – bestellten Priesters) oder eines Rektors (vgl. SP, Art. 10), denen jeweils eine Kirche oder Kapelle zugewiesen wird.

Auch in der Pfarrkirche

Die Instruktion sieht bei Fehlen einer Kirche oder Kapelle für die Feier des Triduum Sacrum vor, dass sich der zuständige Pfarrer bzw. der Ordinarius in Absprache mit dem für die Feier geeigneten Priester darum zu bemühen haben, eine andere “günstige Lösung” zu finden, wobei immer das Wohl (der lateinische Text spricht ausdrücklich vom “bonum animarum”, das im deutschen Texte nicht erwähnt wird) und das Recht der Gläubigen auf eine Feier in der außerordentlichen Form zu berücksichtigen sind. Diesem Recht entspricht die Pflicht des Pfarrers bzw. des Ordinarius für Lösungen zu sorgen, soweit das möglich ist, wobei auch “eine eventuelle Wiederholung der Gottesdienste des österlichen Triduums” nicht ausgeschlossen ist. Damit ist zweierlei ausgesagt: 1. Der Gesetzgeber denkt hier an die Möglichkeit, dass die Gruppe auch in der Pfarrkirche das Triduum Sacrum feiert, wenn es keine andere Kirche oder Kapelle gibt, und zwar auch dann, wenn bereits in der Pfarrkirche eine Feier in der ordentlichen Form vorgesehen ist. 2. Wenn kein hierfür geeigneter Priester zur Verfügung steht, aber der Pfarrer selber geeignet ist, soll dieser – nach Möglichkeit – grundsätzlich bereit sein, zusätzlich die Feiern des Triduum Sacrum in der außerordentlichen Form zu halten, auch wenn er bereits eine Feier in der ordentlichen Form für die Gemeinde hält.

Recht und Pflicht

Freilich wird man in diesem Fall auch die Arbeitsbelastung und den physischen Zustand des Pfarrers bei dem “Angebot” einer zusätzlichen Feier der Liturgie in der außerordentlichen Form zu berücksichtigen haben. Zwar haben die Gläubigen, die der überlieferten Liturgie anhängen, ein vom Gesetzgeber verbrieftes Recht auf diese Feier, dem auf der anderen Seite eine Pflicht korrespondiert. Doch muss zur Pflichterfüllung auch die Möglichkeit bestehen. Denn niemand ist zu etwas verpflichtet, wozu er nicht Lage ist (Ad impossibilitatem nemo tenetur). Es dürfte selbstverständlich sein, dass zur Vermeidung von Willkür ausschließlich objektive Kriterien bei der Entscheidungsfindung ausschlaggebend sein können. Im Konfliktfall soll der Bischof eingeschaltet werden und vermitteln.

Koexistenz beider Formen

Der Hinweis, dass auch eine Wiederholung des Sacrum Triduum nicht ausgeschlossen ist, nimmt nicht nur das Recht der Gläubigen auf die Feier des Triduum Sacrum ernst, sondern zeigt auch von neuem, dass für den päpstlichen Gesetzgeber die außerordentliche Form der ordentlichen gleichgeordnet ist. “Außerordentlich” heiβt nämlich nicht, diese Form nur auf Ausnahmefälle zu beschränken. Es ist die aus den Normen des Motu Proprio “Summorum Pontificum” und seinem Begleitbrief an die Bischöfe eindeutig ausweisliche Intention Benedikts XVI., dass die Messfeier nach dem Römischen Missale von 1962 einen festen Platz im Leben der Kirche haben soll.

Darum hat der Gesetzgeber alle Beschränkungen früherer Normen in dieser Materie aufgehoben (derogiert). Die außerordentliche Form soll dort, wo die im Motu Proprio aufgeführten Umstände gegeben sind, zur normalen Praxis werden als fester Teil des liturgischen Lebens einer Pfarrgemeinde (vgl. Gero P. Weishaupt, “Päpstliche Weichenstellungen”, 44). Seit dem Motu Proprio “Summorum Pontificum” koexistieren in der Lateinischen Kirche zwei Formen des einen Römischen Ritus. Die außerordentliche Ausdrucksform der lex orandi soll dann regelmäßig gefeiert werden, wenn die Bedingungen des Motu Proprio erfüllt sind.

Foto: Dr. Gero P. Weishaupt – Bildquelle: Privat

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