Kirche in Deutschland muss wieder die Anbetung lernen

Weihnachtsansprache von Pater Franz Schmidberger FSSPX.
Erstellt von kathnews-Redaktion am 26. Dezember 2011 um 16:34 Uhr
Jesuskind in der Krippe

Stuttgart (kathnews). Lesen Sie hier die Weihnachtsbotschaft des Distriktoberen der Priesterbruderschaft Sankt Pius X. in Deutschland, Pater Franz Schmidberger FSSPX, gehalten wÀhrend der Mitternachtsmesse in der Kirche Mariae Himmelfahrt in Stuttgart, dem Sitz der Priesterbruderschaft in Deutschland, im Wortlaut.

Die katholische Kirche in Deutschland muss wieder die Anbetung lernen. Das ist die Botschaft, welche die Priesterbruderschaft St. Pius X. den deutschen Bischöfen, dem Klerus und allen Katholiken zu Weihnachten nahelegen möchte. Die Anbetung Gottes ist durch die fast fĂŒnfzigjĂ€hrige Praxis der neuen Liturgie als einer bloßen „GedĂ€chtnisfeier im Namen Jesu“, welche in den Kirchen das wahre heilige Messopfer verdrĂ€ngt hat, fast völlig verschwunden.

Dabei ist die Anbetung eine genuin weihnachtliche Haltung der Seele: „Sie fanden das Kind, fielen nieder und beteten es an“, heißt es von den Weisen aus dem Morgenland (Mt 2, 11). Diese Anbetung ist Christus geschuldet, weil er mehr als nur ein Prophet ist (wie ihn beispielsweise andere Weltanschauungen fĂ€lschlich bezeichnen), mehr als ein erleuchteter Menschenfreund oder unkonventioneller Sozialreformer. Die Anbetung ist Christus geschuldet, weil er wahrer Gott ist, wie es die Kirche seit Anbeginn lehrt: „Deus de Deo, lumen de lumine, Deus verus de Deo vero, natus ex Maria virgine“ – „Gott von Gott, Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gott, geboren aus Maria der Jungfrau“. (Vgl. das Glaubensbekenntnis der katholischen Kirche im Credo, Symbolum Quiqumque, usw.)

Die Anbetung als einzige Haltung des Geschöpfes gegenĂŒber Gott wurde schon im Alten Testament gelehrt. Wir finden eine ausgewĂ€hlte Priesterklasse, welche allein das hochheilige Opfer im Tempel darbringen darf, unter andauerndem Gebet und Anbetung des Volkes. Der Tempel zu Jerusalem war damals wirklich und wahrhaft das „beit elohim“, das „Haus Gottes“, an dem Gott die von den Menschen gebĂŒhrende Verehrung gezollt wurde. Das war in einer Welt, da Hochkulturen Naturgottheiten und Götzenfiguren verehrten, ein Wunder des göttlichen Eingreifens in die Menschheitsgeschichte.

Sogar der Islam kennt als Gebetsform die Anbetung: Im fĂŒnfmaligen Tagesgebet ist es Pflicht, sich so weit zu verneigen, dass die Stirn den Boden berĂŒhrt. Diese Geste ist Ausdruck der Anbetung.

Davon unberĂŒhrt ist die Tatsache, dass „Allah“, welcher im Islam verehrt wird, mit Sicherheit nicht der Gott der Christen ist und sein kann. Der Koran schließt ausdrĂŒcklich eine Gottessohnschaft und damit ein dreifaltiges Wesen Allahs aus („Es gibt nur einen einzigen Gott. Fern von ihm, dass er einen Sohn habe.“ Sure 4,171). Deshalb kennt der Islam auch das Weihnachtsgeheimnis nicht, denn wenn Gott nicht dreifaltig ist, dann kann das Kind in Betlehem auch nicht die menschgewordene, zweite Person Gottes sein.
Diese klare Unterscheidung bietet also eine hervorragende Gelegenheit, den Diskurs mit dem Islam einzuleiten. Aber gerade das begreifen die allermeisten katholischen Theologen nicht: Dialog besteht nicht darin, die eigene Position ĂŒber Bord zu werfen und einer unglĂ€ubigen Welt zu verkĂŒnden: „Wir haben ja ehedem alle den gleichen Gott“. Dialog heißt, einem Außenstehenden die GlaubwĂŒrdigkeit der eignen Position darzulegen, die VernunftgrĂŒnde fĂŒr den katholischen Glauben einsichtig zu machen. Ob er dann den Glauben annimmt oder nicht, ist eine zutiefst persönliche, freie Entscheidung, welche in einem Wechselspiel von Gottes Gnade und Seele sich abspielt.

NatĂŒrlich darf und muss auch der AndersglĂ€ubige seine Argumente darlegen und zeigen, warum er diese Ansichten vertritt. Genau darin besteht die theologische Auseinandersetzung, welche die KirchenvĂ€ter und große Bischöfe stets gefĂŒhrt haben und welche heute endlich beginnen muss.

Gerade in der Diskussion mit dem Islam gibt es treffliche AnknĂŒpfungspunkte, da neben der Jungfrauengeburt Mariens (Sure 19,17-21) auch Jesus im Koran erwĂ€hnt, seine Gottesnatur jedoch zugleich geleugnet wird. Hier ist es Aufgabe wahrhaft christliche Apologeten, fĂŒr unsere BrĂŒder im Islam darzulegen, warum wir daran glauben, dass Christus wahrhaft Gottes Sohn ist.

Erst wenn die Kirche in Deutschland das in Angriff nimmt, ist der erste, wirkliche Schritt zu einer christlichen Integrationspolitik getan. Im Gegensatz zur Anbetung, die sich, wie gesagt, sogar in anderen Religionen findet, gestaltet sich die nachkonziliare Gebetspraxis mittlerweile beinahe gĂ€nzlich ohne dieselbe. Dabei ist vor allem die banale „Gemeinschaftsfeier mit Jesus“ zu beklagen, welche das Opfer der Anbetung, des Lobes und auch der SĂŒhne fĂŒr unsere SĂŒnden vollstĂ€ndig ersetzt hat. Damit sind die Kirchen des Neuen Bundes weit unter die Anbetung des Alten Testaments gefallen: „Tritt nicht nĂ€her heran, ziehe die Schuhe von den FĂŒĂŸen, denn der Ort auf dem du stehst, ist heiliger Boden!“ (Ex 3,5), heißt es bei der Gotteserscheinung am Berg Horeb. Wenn man sieht, wie heutzutage die Menschen in den hochheiligen Altarraum unserer Kirchen treten, als wĂ€re es das StehcafĂ© von nebenan, dann lĂ€uft einem ein kalter Schauer ĂŒber den RĂŒcken.

Denn im Neuen Testament ist weit mehr gegeben als im Alten Bund, Christus ist als wahrer Sohn Gottes die ErfĂŒllung aller Prophezeiungen: „Ehe Abraham war, bin ICH“. Das sind die Worte des Kindes von Bethlehem. Und dieses Kind ist nicht nur der Schöpfer eines jeden Menschen, es ist auch sein Erlöser und Richter am Ende der Zeiten. Dieses Kind allein ist das Heil aller Völker, in ihm allein liegt die Lösung aller Krisen der Menschheit.

Solange es nicht gelingt, diese Anbetung Gottes wieder in den Herzen der Katholiken zu verankern, solange wird sich die katholische Kirche selbst als „Sozialeinrichtung“ prĂ€sentieren, was ihr Wesen der Substanz nach verkĂŒrzt, ja verfĂ€lscht. Sie wird sich auf der waagerechten Ebene des innermenschlichen und innerweltlichen Miteinanders bewegen, statt mit der vertikalen Ebene der radikalen GottesverkĂŒndigung, wie dies die Propheten im Alten Testament getan haben (Isaias, Elias, Johannes der TĂ€ufer, usw.), die Welt wachzurĂŒtteln und ihrem jenseitigen und transzendenten Ziel entgegen zu fĂŒhren.

Letzten Endes ist diese Anbetung des Christkindes in der Krippe die einzige Möglichkeit, Weihnachten aus den HĂ€nden des umsatz-, wohlfĂŒhl- und vergnĂŒgungsgierigen Materialismus zu entreißen, der in den letzten Jahrzehnten das Weihnachtsgeheimnis nicht nur verkitscht, sondern soweit kommerzialisiert hat, dass eine Warenkette in Deutschland dreist behaupten kann, Weihnachten entscheide sich unter dem Baum.

In der Liturgie muss also ein Umdenken stattfinden, eine RĂŒckkehr zum UrsprĂŒnglichen, zur Kniebeuge vor dem eucharistischen Gott, zur Mundkommunion in Demut, zur Anbetungsstunde vor dem allerheiligsten Sakrament. Das ist voll und ganz der Meinung des Heiligen Vaters entsprechend, der bei der Predigt an Fronleichnam 2008 sagte: „Den Gott Jesu Christi anzubeten, der sich aus Liebe zum gebrochenen Brot gemacht hat, ist das wirksamste und radikalste Heilmittel gegen die Götzendienste von gestern und heut“.

Immer mehr Liturgiker haben in den letzten Jahren den Holzweg der Handkommunion mit ihren verheerenden Folgen eingesehen, auch Bischöfe und KardinĂ€le. Wer Gott nicht mehr die geschuldete Ehrfurcht erweist, wird bald auch nicht mehr das menschliche Leben achten. Wer den Schöpfer nicht anbetet, wie kann ein solcher Ehrfurcht vor seinen Geschöpfen, vor allem auch vor dem ungeborenen Leben haben? Leider ist dies bei den meisten Bischöfen in Deutschland noch nicht angekommen. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. wĂŒnscht sich als Weihnachtsgeschenk fĂŒr das Christkind die kniende, anbetende Form der Mundkommunion. Diese Kommunion hat tausende und abertausende von Christen geheiligt und geformt: Theresia v. Kinde Jesu, Don-Bosco, Franz von Assisi, Hildegard von Bingen, Johannes vom Kreuz, usw. Sie alle kannten weder Pfarreireferenten, noch pastorale Lektorinnen, noch Pastoralassistentinnen. Sie alle kannten nur das ĂŒberlieferte heilige Messopfer in der zeitlosen Sprache der Kirche. Sie kannten die Anbetung des unter den Gestalten des Brotes gegenwĂ€rtigen Gottes. Diese Anbetung und diese persönliche Gottesbeziehung hat sie zu dem gemacht, wofĂŒr wir sie heute, Jahrhunderte spĂ€ter, verehren: Zu Heiligen der katholischen Kirche.

Ein großer, eine gewaltiger Aufruf soll zu Weihnachten alle Christenherzen erfassen: „Kommt, lasset uns anbeten das Kind in der Krippe; kommt, lasset uns anbeten Christus, den Herrn!“

Foto: Jesuskind in der Krippe – Bildquelle: C. Steindorf, kathnews

 

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