Achtung der Menschenwürde führt zum Frieden
Vatikan (kathnews). Heute Vormittag hat Papst Benedikt XVI. die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Mitglieder des Diplomatischen Korps zum traditionellen Neujahrsempfang im Apostolischen Palast begrüßt. „Die gegenwärtige Zeit ist leider von einem tiefen Unbehagen gekennzeichnet, und die verschiedenen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Krisen sind dessen dramatischer Ausdruck“, betonte der Papst. In diesem Zusammenhang ging der Heilige Vater besonders auf „die schwerwiegenden und besorgniserregenden Entwicklungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise“ ein.
Zwar hätte die Krise in den Industrienationen ihren Ursprung genommen und dort auch gravierende Auswirkungen gehabt, doch seien auch die Entwicklungsländer davon betroffen. Benedikt XVI. äußerte die Ansicht, es gelte nicht nur, individuelle und die nationalen Wirtschaften betreffenden Verluste einzudämmen, sondern „neue Regeln für uns aufzustellen, die allen die Möglichkeit garantieren, ein Leben in Würde zu führen und ihre Fähigkeiten zum Wohl der ganzen Gemeinschaft zur Entfaltung zu bringen“.
Hoffnung auf souveränen Palästinenserstaat
Die aktuelle unsichere Lage treffe besonders die jungen Menschen, deren Notlagen den Unruhen entsprangen, „die in den letzten Monaten verschiedene Regionen teilweise hart getroffen haben“. Noch sei es allerdings schwierig, eine endgültige Bilanz der jüngsten Ereignisse in Nordafrika und im Nahen Osten zu ziehen und deren Folgen für das Gleichgewicht in der Region zu verstehen. Papst Benedikt erklärte, der begonnene Weg könne nur über „die Anerkennung der unveräußerlichen Würde jeder menschlichen Person und ihrer Grundrechte“ führen.
Im Heiligen Land, wo die Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis Auswirkungen auf das Gleichgewicht im ganzen Nahen Osten haben, seien die Verantwortlichen beider Völker dazu aufgerufen, mutige und weitsichtige Entscheidungen im Sinne des Friedens zu treffen. Der Heilige Vater äußerte die Hoffnung auf die Errichtung eines souveränen Palästinenserstaates, damit Palästinenser und Israelis innerhalb international anerkannter Grenzen in Sicherheit leben könnten.
Bedeutung der Jugend in der Welt von heute
Im Hinblick auf das Motto des letzten Weldfriedenstages, „Die jungen Menschen zur Gerechtigkeit und zum Frieden erziehen“, betonte der Papst, die Jugendlichen seien zu einer vollen Kenntnis der Realität und damit der Wahrheit zu führen. Die auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründete Familie sei nicht nur eine bloße gesellschaftliche Konvention, sondern die Grundzelle der ganzen Gesellschaft. „Folglich bedroht eine Politik, welche die Familie gefährdet, die Würde des Menschen und die Zukunft der Menschheit selbst.“
Papst Benedikt lobte die Europäische Union für das Verbot einer Patentierung von Verfahren, bei denen menschliche embryonale Stammzellen verwendet werden, sowie für das Verbot der pränatalen Selektion aufgrund des Geschlechts. Das Oberhaupt der katholischen Kirche ergänzte: „Generell bin ich, vor allem mit Blick auf die westliche Welt, davon überzeugt, dass Gesetzesmaßnahmen, welche die Abtreibung aus persönlichen Motiven der Nützlichkeit oder aus zweifelhaften medizinischen Gründen nicht nur erlauben, sondern zuweilen sogar fördern, der Erziehung der Jugendlichen und damit der Zukunft der Menschheit entgegenstehen.“
Der Papst zeigte sich zudem von der Notwendigkeit überzeugt, eine Bildungspolitik umzusetzen, in der die Schulbildung allen Kindern offenstehe und „über die Förderung der kognitiven Entwicklung der Person hinaus für ein harmonisches Heranreifen der Persönlichkeit Sorge“ trage. Die Kirche habe im schulischen und akademischen Bereich immer rege Tätigkeit entfaltet, die auch von staatlicher Seite geschätzt werde. Er hoffe, dass jener Beitrag auch in den nationalen Gesetzgebungen Anerkennung und Förderung erfahre, so der Heilige Vater.
Religionsfreiheit als erstes Menschenrecht
Die Religionsfreiheit sei „das erste Menschenrecht“, da sie der grundlegendsten Wirklichkeit des Menschen Ausdruck verleihe. Oft werde dieses Recht aus diversen Gründen eingeschränkt oder verhöhnt. „In zahlreichen Ländern werden die Christen ihrer Grundrechte beraubt und aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt; in anderen Ländern erleiden sie gewaltsame Angriffe auf ihre Kirchen und Wohnungen. Manchmal sind sie aufgrund der anhaltenden Spannungen und einer Politik, die sie häufig in die Rolle von untergeordneten Zuschauern des nationalen Lebens verbannt, gezwungen, die Länder zu verlassen, zu deren Aufbau sie beigetragen haben.“
Mit Blick auf die westlichen Nationen erklärte Benedikt XVI., es sei teilweise eine Politik anzutreffen, welche darauf abziele, die Rolle der Religion im gesellschaftlichen Leben an den Rand zu drängen, „als wäre sie Ursache der Intoleranz und nicht vielmehr ein schätzenswerter Beitrag für die Erziehung zur Achtung der Menschenwürde, zur Gerechtigkeit und zum Frieden“. Als Beispiel erwähnte der Papst die Väter des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, die – wie die „Gründerväter des geeinten Europas“ – vom christlichen Menschenbild inspiriert worden seien.
„Beseelt von der Gewissheit des Glaubens“ werde der Heilige Stuhl auch in Zukunft seinen Beitrag für die internationalen Gemeinschaft leisten. Das Zweite Vatikanische Konzil habe eine zweifache Absicht der diplomatischen Tätigkeit des Heiligen Stuhls eindeutig beschrieben. Zum einen sei die hohe Berufung des Menschen und das Vorhandensein eines göttlichen Samens in ihm zu verkünden. Zum anderen sei der Menschheit die aufrichtige Mitarbeit zur Errichtung jener brüderlichen Gemeinschaft anzubieten, die dieser Berufung entspreche. „In diesem Sinn bringe ich Ihnen, Ihren Familienangehörigen und Ihren Mitarbeitern erneut meine herzlichsten Wünsche für das neue Jahr zum Ausdruck”, schloss Papst Benedikt.
Foto: Papst Benedikt XVI. – Bildquelle: Fabio Pozzebom/ABr