Leben und Werk der Kirchenväter und Glaubenslehrer

Mit den Kirchenvätern beginnt der Weg der Kirche in der Geschichte. Katechesen von Papst Benedikt XVI. über die großen Denker der frühen Kirche. 18. März: Der hl. Cyrill von Jerusalem.
Erstellt von Gero P. Weishaupt am 17. März 2016 um 22:56 Uhr

Einleitung von Gero P. Weishaupt:

Im Zeitraum vom 7. März 2007 und dem 27. Februar 2008 hielt Papst Benedikt XVI. in Rahmen seiner wöchentlichen Mittwochsaudienzen in Rom insgesamt 36 Katechesen über Leben und Werk der Kirchenväter und Glaubenslehrer, beginnend von Clemens von Rom bis zu Augustinus von Hippo. Kathnews setzt seine Reihe über „Leben und Werk der Kirchenväter und Glaubenslehrer“ fort. Die Kirche begeht am 18. März in beiden Formen des Römischen Ritus das Gedächtnis des heiligen Cyrill von Jerusalem (ca. 315-387 n. Chr.). Papst Benedikt XVI. hielt über diesen bedeutenden Bischof von Jerusalem eine Mittwochskatechese am 27. Juni 2007.

In der Theologie ist der hl. Cyrill von Jerusalem vor allem bekannt wegen seiner Homilien mit mystagogischen Katechesen an die Taufbewerber und Neugetauften. In den Homilien spricht der heilige Cyrill über die rechte Vorbereitung auf die Taufe, über Umkehr, Buße und Glaube. In das erneuerte Brevier (Stundengebet = Liturgia horarum) der Kirche haben einige seiner ursprünglich in Griechisch verfaßten Homilien Aufnahme gefunden. Das neue Brevier zeichnet sich gerade u.a. durch eine Vielfalt von Texten griechischer und lateinischer Kirchenväter aus. Die Kirchenväter sind die Antwort auf das Wort der Heiligen Schrift. Ihre Schriften sind nichts anders als eine Vertiefung des in der Bibel Dargelegten. Sie sind Ausdruck der lebendigen Tradition der Kirche. 

 Katechese von Papst Benedikt XVI. über den hl. Cyrill von Jerusalem

 Liebe Brüder und Schwestern!

Unsere Aufmerksamkeit konzentriert sich heute auf den hl. Cyrill von Jerusalem. Sein Leben stellt ein Geflecht aus zwei Dimensionen dar: einerseits die pastorale Sorge und andererseits – gegen seinen Willen – die Verwicklung in die hitzigen Auseinandersetzungen, unter denen damals die Kirche des Ostens litt. Cyrill, der um das Jahr 315 in Jerusalem oder Umgebung geboren wurde, erhielt eine ausgezeichnete literarische Ausbildung; sie bildete die Grundlage für seine kirchliche Kultur, die auf das Studium der Bibel ausgerichtet war. Von Bischof Maximus zum Priester geweiht, empfing er nach dessen Tod oder Absetzung im Jahr 348 die Bischofsweihe durch Acacius, den einflußreichen Metropoliten von Caesarea in Palästina, der Anhänger des Arius und davon überzeugt war, in ihm einen Verbündeten zu haben. Deshalb wurde Cyrill verdächtigt, die Ernennung zum Bischof durch Zugeständnisse an den Arianismus erlangt zu haben.

In Wirklichkeit kam es sehr bald zum Streit zwischen Cyrill und Acacius nicht nur auf dem Gebiet der Lehre, sondern auch dem der Jurisdiktion, weil Cyrill die Autonomie seines Bischofssitzes gegenüber dem Metropolitansitz Caesarea beanspruchte. Im Laufe von 20 Jahren wurde Cyrill dreimal verbannt: das erste Mal im Jahr 357 nach vorheriger Absetzung durch eine Synode in Jerusalem; darauf folgte 360 eine zweite Verbannung auf Betreiben des Acacius und schließlich eine dritte, die längste – sie dauerte elf Jahre – im Jahr 367 auf Veranlassung des arianisch gesinnten Kaisers Valerian. Erst nach dem Tod des Kaisers im Jahr 378 konnte Cyrill endgültig seinen Bischofssitz in Besitz nehmen und unter den Gläubigen Einheit und Frieden wiederherstellen.

Für seine Rechtgläubigkeit, die von einigen zeitgenössischen Quellen angezweifelt wurde, sprechen sich andere gleichfalls antike Quellen nachdrücklich aus. Die maßgeblichste dieser Quellen ist der Brief der Synode von 382 nach dem Zweiten Ökumenischen Konzil von Konstantinopel (381), an dem Cyrill in einer qualifizierten Rolle teilgenommen hatte. In diesem Brief, der dem römischen Papst übersandt wurde, anerkennen die Bischöfe des Ostens offiziell die absolute Rechtgläubigkeit Cyrills, die Rechtmäßigkeit seiner Bischofsweihe und die Verdienste seines Hirtendienstes, den der Tod im Jahr 387 beenden wird.

Von ihm sind uns 24 berühmte Katechesen erhalten, die er als Bischof um das Jahr 350 gehalten hat. Die ersten 18 von ihnen werden von einer einführenden »Prokatechese« eingeleitet und sind an die Katechumenen oder die zu Erleuchtenden (»photizomenoi«) gerichtet; sie wurden in der Basilika des Heiligen Grabes gehalten. Die ersten Katechesen (1–5) handeln von den der Taufe vorausgehenden Anweisungen, von der Abkehr von den heidnischen Bräuchen, vom Sakrament der Taufe, von den zehn im »Symbolon« enthaltenen dogmatischen Wahrheiten. Die folgenden Katechesen (6–18) bilden eine »fortlaufende Katechese« über das Symbolon von Jerusalem unter antiarianischem Aspekt. Von den letzten fünf, den sogenannten »mystagogischen« Katechesen (19–23) entfalten die ersten beiden einen Kommentar zu den Taufriten, die letzten drei handeln vom Chrisamöl, vom Leib und Blut Christi und von der eucharistischen Liturgie. Darin enthalten ist die Erklärung des Vaterunsers (»Oratio dominica«): Sie begründet einen Weg der Initiation zum Gebet, der sich parallel zur Inititiation zu den drei Sakramenten der Taufe, der Salbung (Firmung) und der Eucharistie entwickelt.

Die Grundlage der Unterweisung im christlichen Glauben wurde auch mit einer polemischen Absicht gegen Heiden, Judenchristen und Manichäer vollzogen. Die Argumentation war in einer bilderreichen Sprache auf die Verwirklichung der Verheißungen des Alten Testaments gegründet. Die Katechese war ein wichtiger Moment, der in den weiten Zusammenhang des ganzen, besonders des liturgischen Lebens der christlichen Gemeinde eingegliedert war, in deren mütterlichem Schoß die Vorbereitung des künftigen Gläubigen erfolgte, begleitet vom Gebet und vom Zeugnis der Brüder. In ihrer Gesamtheit bilden die Homilien des Cyrill eine systematische Katechese über die Neugeburt des Christen durch die Taufe. Dem Katechumenen sagt er: »Du bist in die Netze der Kirche gefallen (vgl. Mt 13,47). Laß dich also lebendig fassen; flieh nicht, denn es ist Jesus, der dich an seinen Angelhaken nimmt, nicht um dir den Tod, sondern die Auferstehung nach dem Tod zu geben. Denn du mußt sterben und auferstehen (vgl. Röm6,11.14) … Du stirbst für die Sünde und lebst von heute an für die Gerechtigkeit« (Prokatechese 5).

Unter dem Gesichtspunkt der Lehre kommentiert Cyrill das Jerusalemer Glaubensbekenntnis, wobei er auf die Typologie der Heiligen Schrift in einer »symphonischen« Beziehung zwischen den beiden Testamenten zurückgreift und bei Christus ankommt, dem Mittelpunkt des Universums. Die Typologie wird von Augustinus von Hippo einprägsam beschrieben werden: »Das Alte Testament ist die Verhüllung des Neuen Testaments, und im Neuen Testament offenbart sich das Alte« (De catechizandis rudibus, 4,8). Was die sittliche Katechese betrifft, so ist sie in tiefer Einheit in der lehrmäßigen Katechese verankert: Das Dogma wird allmählich in die Seelen eingesenkt, die so dazu angeregt werden, die heidnischen Verhaltensweisen auf der Grundlage des neuen Lebens in Christus, das Geschenk der Taufe ist, zu ändern. Die »mystagogische« Katechese schließlich bedeutete den Höhepunkt der Unterweisung, die Cyrill nicht mehr den Katechumenen, sondern den Neugetauften oder Neophyten während der Osterwoche erteilte. Sie bildete für sie eine Einführung, um unter den Taufriten der Osternacht die in ihnen enthaltenen und noch nicht enthüllten Geheimnisse zu entdecken. Erleuchtet vom Licht eines kraft der Taufe tieferen Glaubens waren die Neophyten endlich in der Lage, sie besser zu verstehen, da sie nun deren Riten gefeiert hatten.

Besonders bei den Neophyten griechischer Herkunft setzte Cyrill auf das ihrem Wesen entsprechende Sehvermögen. Es war der Übergang vom Ritus zum Geheimnis, der die psychologische Wirkung der Überraschung und die in der Osternacht gemachte Erfahrung aufwertete. Hier ein Text, der das Geheimnis der Taufe erklärt: »Dreimal seid ihr ins Wasser getaucht worden und nach jedem der drei Male seid ihr wieder aufgetaucht, um das dreitägige Begräbnis Christi sinnbildlich anzudeuten, das heißt ihr habt mit diesem Ritus unseren Heiland nachgeahmt, der drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde verbrachte (vgl. Mt 12,40). Mit dem ersten Auftauchen aus dem Wasser habt ihr das Gedenken an den ersten Tag gefeiert, den Christus im Grab verbrachte, so wie ihr mit dem ersten Eintauchen die erste im Grab verbrachte Nacht bekannt habt: wie der, der in der Nacht ist, nicht sieht, und der hingegen, der im Tag ist, das Licht genießt, so auch ihr. Während ihr zuerst in die Nacht eingetaucht ward und nichts saht, so habt ihr euch hingegen, als ihr wieder auftauchtet, im vollen Tag vorgefunden. Geheimnis des Todes und der Geburt, dieses Wasser des Heils ist für euch Grab und Mutter gewesen… Für euch… fiel die Zeit des Sterbens mit der Zeit des Geborenwerdens zusammen: ein und dieselbe Zeit hat beide Ereignisse verwirklicht« (Zweite Mystagogische Katechese, 4).

Das Geheimnis, das es zu erfassen gilt, ist der Plan Gottes, der sich durch die Heilshandlungen Christi in der Kirche verwirklicht. Die mystagogische Dimension wird ihrerseits von der Dimension der Symbole begleitet, die das geistliche Erlebnis zum Ausdruck bringen, das sie »explodieren « lassen. So erweist sich die Katechese des Cyrill auf der Grundlage der drei beschriebenen Bestandteile – lehrmäßig, sittlich und schließlich mystagogisch – als eine umfassende Katechese im Geist. Die mystagogische Dimension vollbringt die Synthese der ersten beiden, indem sie sie auf die sakramentale Feier ausrichtet, in der sich das Heil des ganzen Menschen verwirklicht.

Es handelt sich schließlich um eine ganzheitliche Katechese, die – durch die Einbeziehung von Leib, Seele und Geist – ein Sinnbild auch für die katechetische Bildung der Christen von heute bleibt.

Unsere heutige Katechese gilt dem heiligen Cyrill von Jerusalem. Er war von 348 bis 387 Bischof von Jerusalem, und sein Leben war geprägt von der pastoralen Sorge für die Gläubigen, aber auch von den damaligen theologischen Auseinandersetzungen innerhalb der Kirche im Osten des Römischen Reiches. So wurde er dreimal in die Verbannung geschickt, zuletzt vom arianisch gesinnten Kaiser Valens. Weil Cyrill von Bischof Acacius von Cäsarea, einem Anhänger des Arianismus, die Bischofsweihe empfangen hatte, wurde auch er selbst zuweilen dieser Irrlehre verdächtigt. Cyrills Wirken und seine wichtige Rolle auf dem Konzil von Konstantinopel sind aber ein Beweis seiner Rechtgläubigkeit.

Berühmt sind die 24 Katechesen, die von Cyrill überliefert sind. In der einführenden Ansprache und den ersten 18 Katechesen, die an die Taufbewerber gerichtet sind, spricht der Jerusalemer Bischof über die rechte Vorbereitung auf die Taufe, über Umkehr und Buße und über den Glauben. Zugleich bietet er eine fortlaufende Erklärung der Artikel des Jerusalemer Glaubensbekenntnisses. Die letzten fünf sogenannten „Mystagogischen Katechesen“ an die Neugetauften behandeln die Sakramente der Taufe, der Salbung (Firmung) und der Eucharistie sowie die Feier der Liturgie und das Vaterunser. Diese Homilien Cyrills sind eine wunderbare Katechese über das in der Taufe empfangene Geschenk des neuen Lebens in Christus und über das von Gott gewirkte Heil, das uns durch die Sakramente der Kirche zuteil wird.

Bildquelle: Kathnews – Foto: Papst Benedikt XVI. bei einer seiner Mittwochsaudienzen

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