„Heilige. Boten Gottes“

Eine Buchbesprechung von Martin Bürger.
Erstellt von Martin Bürger am 31. Dezember 2016 um 07:58 Uhr

Aus der Feder von Ludwig Mödl stammt das 160 Seiten zählende Büchlein „Heilige. Boten Gottes“. Dabei handelt es sich keineswegs um eine gewöhnliche Zusammenstellung einiger Heiligenleben, die man vielleicht sowieso schon einigermaßen gut kennt. Der Autor grenzt seinen Ansatz ab von anderen Büchern: „Als Träger einer göttlichen Botschaft wurden die Heiligen aber selten vorgestellt. Somit waren sie nicht mehr Lebensbilder einer theologischen Botschaft, sondern christliche Helden. Die Hagiografie wurde nicht mehr als ein Zweig der Theologie verstanden, sondern entweder als Nebenzweig der Kirchengeschichte oder eben als pädagogische Vorbild-Ressource.“

Man muss natürlich trotzdem sagen, dass Heilige weiterhin auch „christliche Helden“ sind, Kirchengeschichte in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, und die entsprechende Lektüre durchaus als „pädagogische Vorbild-Ressource“ dient. Mödl betont in seinem beim Media Maria Verlag erschienenen Buch allerdings nicht jene Aspekte. „Verschiedene Heilige zeigen Verschiedenes von Gott. Und jeder bekundet in anderer Weise, dass Gott noch am Wirken ist. […] Ein Heiliger hat mit Blick auf Christus gelebt. […] So wurde ein Heiliger zum Glaubenszeugen und zum Glaubenszeichen, denn dadurch hat sich die Botschaft Jesu neu ausgedrückt, sie wurde gleichsam zu einem neuen ‚Lebensbild‘ der Gottesbotschaft.“

Wann immer ein Autor über Heilige schreibt, muss er eine Auswahl treffen. Ludwig Mödl hat sich entschieden für einige herausragende Ordensleute wie Benedikt von Nursia oder Theresa von Ávila. Auch einige Heilige, zu denen „nur“ einige „Legenden“ überliefert sind – darunter der heilige Vitus –, schrecken ihn nicht ab. Unter den Persönlichkeiten der jüngeren Vergangenheit sind zu finden John Henry Newman und Rupert Mayer, die beide zwar noch nicht heiliggesprochen wurden, aber als Selige verehrt werden dürfen.

Wenn die Heiligenleben dann ausgewählt sind, muss der Autor darüber hinaus seinen Fokus jeweils auf einige wenige Dinge beschränken. Insofern mag der Leser bei einem Heiligen, mit dem er gut vertraut ist, den einen oder anderen Aspekt vermissen. Umgekehrt kennt er vielleicht die von Mödl erwähnten Gesichtspunkte noch nicht, und neue Perspektiven werden eröffnet.

An dieser Stelle sei Kritik geübt an einer einzigen Entscheidung des Autors, nämlich jener, über Papst Paul VI. zu schreiben. Jener Papst wurde erst 2014 von Papst Franziskus seliggesprochen, und hier scheiden sich die Geister. Es wäre klüger gewesen, eine derartige Gestalt nicht mit in das Buch aufzunehmen. War der Papst auch persönlich ein frommer Mann, der etwa viel Zeit im Gebet verbrachte, so begann doch in seinem Pontifikat der Verfall von kirchlichen Strukturen, von Disziplin, Liturgie und Glaubenslehre.

Ludwig Mödl urteilt, das Zweite Vatikanische Konzil habe „keine neue Kirche erfunden, wie manche behaupten. Es hat sie in der modernen Gesellschaft neu positioniert. Das ist das Verdienst von Papst Paul VI.“ Hier kann man sich fragen: Ist diese Neupositionierung besser? Was hat die Kirche in den letzten Jahrzehnten gewonnen, das sie nicht zuvor schon hatte? Gab es einen Anstieg in Bekehrungen zur katholischen Religion, oder eine Umkehrung von bereits zur Konzilszeit spürbaren Säkularisierungstendenzen? Papst Paul habe zudem „verstanden, die Kirche und kirchliche Themen in der Weltpresse wachzuhalten“. Hat dies seither zu einem tieferen Verständnis katholischer Überzeugungen unter ganz normalen Nichtkatholiken geführt? Sind nicht vielmehr die Darstellungen der Kirche in der „Weltpresse“ überwiegend negativ, oft sogar grundfalsch?

Mödl fährt fort, der Papst habe „den Hofstil des Vatikans verändert und bislang nie dagewesene Formen wie z. B. das Interview verwendet. Paul VI. hat die modernen Medien wie auch andere Phänomene der modernen Zeit uneingeschränkt bejaht und mit allen Menschen einen Dialog aufzunehmen gesucht. Er war der erste wirklich moderne Papst auf dem Stuhl Petri.“ Wohin die Einführung von päpstlichen Interviews führt, sehen wir im gegenwärtigen Pontifikat. Problematische Äußerungen von Papst Franziskus müssen in regelmäßigen Abständen offiziell interpretiert werden, und oft fühlen sich bestimmte Gläubige verletzt durch andere Äußerungen.

Außerdem muss man fragen, ob der Zustand des immerwährenden Dialogs mit allen und jedem viel gebracht hat. Könnte man nicht stattdessen argumentieren, der Papst habe viel an Autorität verloren, seit er zu absolut irrelevanten Themen eine Meinung hat, wie man das sonst von Politikern kennt, die sich um jeden Preis bei den Wählern anbiedern wollen? Wieso muss sich ein Papst im Wahlkampf zu Donald Trump äußern? Sicherlich kann man Papst Paul nicht direkt verantwortlich machen für die Worte und Taten seiner Nachfolger. Nichtsdestotrotz hat er als „der erste wirklich moderne Papst“ derartigen Entwicklungen Tür und Tor geöffnet.

Kann der Leser allerdings von diesem einen Kapitel über Papst Paul VI. absehen, so hält er mit „Heilige. Boten Gottes“ ein wertvolles Büchlein in den Händen, welches die Heiligen vorstellt „als Verkünder einer theologischen Botschaft, die etwas von der göttlichen Wirklichkeit vermittelt. Sehr schön sind schließlich auch die Vierzeiler, die Ludwig Mödl manchen Hagiografien beifügt. In diesem Sinne heißt es etwa über den heiligen Franz von Assisi, den beliebten Bettelmönch: „Armut ist bei Bruder Franz / Hinweis auf des Ew’gen Liebe, / der entäußerte sich ganz, / kam ins menschliche Getriebe.“

Martin Bürger

Bibliografische Informationen:

Ludwig Mödl
Heilige. Boten Gottes
Gebunden, 160 Seiten
Media Maria Verlag
ISBN 978-3-9454012-5-5
14,95 Euro

Foto: Heilige. Boten Gottes (Buchcover) – Bildquelle: Media Maria Verlag

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